Erich Wienig

Erich Wienig

Erich Wienig

wurde an einem Donnerstag am 05.08.1897 geboren in Berlin.

Im Tiergarten wuchs er als jüngstes Kind mit zwei Brüdern und einer Schwester in einer damals streng protestantischen, kaisertreuen Familie am Spreebogen auf. Seine beiden Brüder starben vor bzw. während des 2. Weltkriegs, ohne dass deren Tod kriegsbedingte Ursachen gehabt haben. Die älteste der Geschwister war  Ernestine, die am 10. Juni 1886 in Wesel geboren wurde, sie verstarb erst zwei Jahre nach dem Tod ihres jüngsten Bruders. Die beiden Geschwister blieben ein Leben lang eng miteinander verbunden, denn sie teilten auch die Leidenszeit während der Nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland.

Während der jüngste Bruder später politisch verfolgt wurde, litt die älteste Schwester Ernestine Hecht, geb. Wienig unter der Rassendiskriminierung, denn sie heiratete 1912 den Juden Egon Hecht. Mit ihm hatte sie zwei Kinder Claus (1915) und Ellen (1919). Alle Verwandten des Schwagers Egon kamen in Majdanek bzw. Auschwitz-Birkenau durch Zyklon B in Gaskammern ums Leben. Die Eltern, vier Geschwister mit Ehepartnern und neun ihrer Kinder sowie zwei Tanten mit Familie; also achtundzwanzig Menschen, ob jung oder alt, wurden so auf bestialische Art und Weise der Tyrannei geopfert. Egon Hecht überlebte in Berlin, ebenso Frau und Kinder.

 Erich Wienig macht nach der mittleren Reife und einer Buchhalterausbildung bei einem Fuhrunternehmen am Bahnhof Bellevue, die er auch glanzvoll abschließ. Nicht freiwillig wurde er Soldat im 1. Weltkrieg. In Frankreich wurde er mehrmals verwundet, so erlebte er auch das Ende des Krieges im Lazarett. Dieser Krieg und nicht seine Verwundungen machten ihn zum absoluten Kriegsgegner, das ging so weit, dass er sich niemals Söhne wünschte, damit diese niemals solche Erfahrungen machen sollten. Aber noch eine weitere Konsequenz zog er aus dem Erlebten für sich selbst, er trat aus der Kirche aus und wurde ein glühender Anhänger der Freidenkerbewegung. Beide Überzeugungen, die Kriegsgegnerschaft und die negative Haltung der Institution Kirche gegenüber behielt Zeit seines Lebens bei. Nicht einmal bei der Taufe seines ersten und einzigen Urenkels David konnte er sich entschließen eine Kirche zu besuchen.

Nach dem Ausrufen der Republik war er der überzeugte Demokrat, der er schon immer im Herzen gewesen war, seine Mitgliedschaft in der SPD war aus seiner Sicht folgerichtig und blieb es auch bis zum Tod. Durch seine politische Arbeit kam er  in den 20er Jahren, gleich nach dessen Gründung zum Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, nicht die Lust am Kampf zog ihn dahin, sondern die politisch aufgeladene Situation in Deutschland. Er wollte am „Kampf“ für Demokratie und Freiheit teilhaben. Es war ihm ein Anliegen Strömungen der Rechts-Konservativen, die später unter anderem in der SA mündeten und auch der KPD nahen „Roten Front“ zu stoppen. Beidem SPD und Reichsbanner blieb er ein Leben lang treu verbunden.

Am 04.04.1923 heiratete er Luise Thews (28.07.1901 – 04.01.1970). Sie war ausgebildete Bibliothekarin, was für eine Frau der damaligen Zeit nicht alltäglich war eine abgeschlossene Ausbildung zu haben. Dafür war Haushaltsführung keine Leidenschaft von ihr, mehr ein notwendiges Übel, obwohl sie sich später zu einer sehr guten Köchin entwickelte. Doch ihre Anfänge als Ehefrau und Hausfrau blieben ihr ein Leben lang eine Anekdote wert. Sie war überzeugte Freidenkerin und ebenso Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Ebenso wie ihrem Ehemann war die politische Arbeit äußerst wichtig, doch hielt sie sich wegen des Erfolgs des Ehemanns eher zurück. Ihre große Leidenschaft war die Literatur, dies behielt sie ein Leben lang bei. Aus dieser Ehe entstanden die Töchter Ingeborg (13.06.1924 – 2009) und Eva (03.08.1930 – 23.12.1958). Luise Wienig, geb. Thews, war nie eine aufopfernde Mutter oder später auch Großmutter, mit preußischer Disziplin erledigte sie ihre Pflichten wobei das „Contenance meine Liebe“ nicht nur ein Wahlspruch war, nein es war Lebensaufgabe, die sie kühl und indoktrinativ weiter gab.

Seit 1928 lebte Erich Wienig mit seiner Familie in Birkenwerder (damals Kreis Niederbarnim) im Norden von Berlin, dort leitete er das dort ansässige Arbeitsamt. Hier entstand die Freundschaft zu Albert Voß, mit dem später zusammen verhaftet wurde und auch einen ähnlichen Internierungsweg ging. Die Freundschaft zu Karl Heinrich und Theodor Haubach überdauerte auch den Wegzug aus Berlin, wobei die Nähe zu Karl Heinrich nicht nur politischer Art war, sondern als enger Freund von ihm gesehen wurde. Diese Verbundenheit verspürte er auch noch nach dem gewaltsamen Tod Karls. Die Zeit in Birkenwerder war für die Familie die schönste Zeit, sie waren integriert, politisch aktiv und in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit in gesicherten Verhältnissen. In diese Zeit fiel auch die Geburt der zweiten Tochter (1930), die das Glück des Moments sozusagen besiegeln sollte. Zwar verstarben seine Eltern und auch der zweitälteste Bruder, doch allzu lange Schatten warfen diese Vorfälle innerhalb der jungen Familie nicht. Der einzige Wermutstropfen war die große Eifersucht der ältesten Tochter, damals sechs Jahre alt, auf die neugeborene Schwester, doch als Problem wurde das nicht gesehen, was zu dieser Zeit gar nicht hinterfragt wurde. Dass aus dieser Eifersucht später einmal Hass werden könnte, war in keiner Weise erkennbar.  

Im März 1933, der Machergreifung durch die Nationalsozialisten im Januar 1933, wurde Erich Wienig durch die SA verhaftet. Anlass war die Beflaggung der Hakenkreuzfahne eines öffentlichen Gebäudes, des Arbeitsamts Birkenwerder, der sich Erich Wienig widersetzte. Diese Verhaftung wurde zur „Schutzhaft“, die sich auch auf Frau und Kinder auswirkte. Die drei, Mutter und ihre beiden Töchter (damals 6 u.3 Jahre alt) wurden für vier Tage in ein Sammellager verbracht, ohne Begründung.

Ebenso wurde deren Entlassung ohne Begründung erwirkt, aber mit der Maßgabe, dass sie nicht mehr nach Birkenwerder zurück dürften. So zogen sie in den Berliner Wedding, zur Großmutter. Später erhielten sie auch dort eine eigene kleine Wohnung in der Müllerstrasse. Die ältere der beiden Töchter verblieb bei der Großmutter.

Nach der Schutzhaft, die 8 Monate dauerte, zog auch er in den Wedding. Er arbeitete in einem Autohaus, in dem auch sein jüdischer Schwager beschäftigt war. Hausdurchsuchungen, kurze Verhaftungen und Repressalien jeder Art begleiteten die Jahre bis er kurz vor der Olympiade 1936 in Gestapo-Haft genommen wurde. Da er weiter im Untergrund politisch aktiv war, gehörte er zu den politischen Häftlingen, die gefoltert und misshandelt wurden, er war im berüchtigten Columbia Haus interniert. Nach seiner Verurteilung verbrachte er die Haftzeit in verschiedenen Konzentrationslagern wie Sachsenhausen, Viechtach und Aschendorfer Moor.

Nach der Befreiung Deutschland 1945 war Erich Wienig einer der wenigen Aufrechten mit weißer Weste. Beruflich konnte er sich dieses Ansehen immer bewahren, zuerst war er am Aufbau der Berliner Polizei maßgeblich beteiligt, ab 1954 arbeitete er an entscheidenden organisatorisch Stellen der Berliner Arbeitsämter.

Doch privat fügte er seine Integrität großen Schaden zu, da er sich pädosexueller Neigungen zuwandte und sie auch auslebte.

Nach seiner Pensionierung 1958 war er vielfach ehrenamtlich tätig und natürlich bis zu seinem Tod 1979 politisch in der SPD Berlin aktiv.

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