Jugendwahn, Krone der Alterspyramide

Jugendwahn, Krone der Alterspyramide

 

Letztens telefonierte ich mit meinem Cousin und wie das so ist, man kommt bei solchen Gesprächen von einem Thema zum anderen, ich denke, jeder kennt solch Telefonate. Nun wir kamen durch eigenes Erleben auf das Thema der Älteren in unserer heutigen Zeit, wie aktiv und individualistisch doch die Generation der so genannten Babyboomers ist. Die einen werden begeisterte Networker, die anderen fahren per Wohnmobil durch die Welt und die nächsten fangen an zu schreiben, zu malen oder wo auch immer ihnen der Sinn nach steht. Mit anderen Worten, diese Altersgruppe ist und war noch nie so aktiv wie in dieser Epoche. Hinzu kommt, dass diese Jahrgänge der heutigen ‚Jung-Rentner’ noch nie so gut finanziell ausgestattet war wie heute und eventuell ist das auch die letzte Generation der Älteren, die sich zu meist in recht guter pekuniären Lage befindet. Natürlich ist das jetzt pauschalisiert dargestellt und trifft nicht auf jeden Einzelnen zu, doch im Großen und Ganzen verhält es sich halt so und das nicht nur hier in unseren Land, sondern auch in anderen Ländern mit ähnlicher Struktur.

„Alt sein ist ja ein herrliches Ding, wenn man nicht verlernt hat, was anfangen heißt.“ Martin Buber

Als ich noch sehr viel Jünger war, sagte mir mal mein Großvater, dass man das Altwerden erlernen muss, damals verstand ich das noch gar nicht so recht, doch heute weiß ich, dass das durchaus richtig ist. Denn die nun freie Zeit, ohne Arbeit und Verpflichtungen muss gefüllt werden und das ist manchmal gar nicht so einfach. Denn wer in jüngeren Jahren nicht viel las, nun, der wird auch etwas älter geworden nicht automatisch zum Buch greifen und hier gäbe es der Beispiele mehr. Denn viele Dinge haben sich im Laufe des Lebens halt eingeschliffen, sind zur Routine geworden, doch diese Sachen füllen einen dann für einen ganzen Tag, all die Wochen und Jahre nicht aus. So müssen neue Impulse ins Leben kommen, aber diese zuzulassen, bedeutet, sich selbst in seiner jetzigen Lebenssituation zu reflektieren, na, und das ist oftmals gar nicht so einfach. Denn in so einer ehrlichen Analyse kommen auch vielleicht Dinge hoch, auf die man so gar nicht gern schauen möchte. Aber da man seine ureigensten Erkenntnisse nun nicht auf dem ‚Jahrmarkt der Neuigkeiten’ lauthals verkünden muss, sondern seine Erkenntnisse für sich behalten darf und manchmal muss, nun dann kann man, so denke ich, auch mit den weniger positiven Dingen klar kommen, wenn sie so bei einer Reflektion daher kommen. Entscheidend wäre es ja nur, für sich selbst, heraus zufinden, wohin einen die Neigungen und Interessen denn ziehen und ob das für einen selbst praktikabel ist. Auch ist es dann nicht schlimm, wenn einen auch mal ein Misserfolg unterläuft, denn wenn man älter ist, dann schrecken einen Hindernisse weniger, ist man doch viel erprobter in der Bewältigung des einen oder anderen Umwegs. Vielleicht sind zwei Dinge ganz besonders wichtig, Neugier und Achtsamkeit mit sich selbst, um sich an neue Ufer zu wagen und so auch ganz neue Seiten an sich selbst zu entdecken.

„Wenn man älter geworden ist, weiß man, wie viel Möglichkeiten man hatte, wie viele man ausließ und aus wie wenigen man etwas machte.“ Hermann Kant

Mit solch Gedanken und Entscheidungen muss sich der junge Mensch nicht herumschlagen, denn den treibt das Leben als solches vor sich her. Nach der Schulzeit stellen sich die Weichen für das weitere Leben, dann kommen Ausbildung, Studium, Arbeitssuche, eigenständiges wohnen und später vielleicht auch eine eigene Familie hinzu. Ein durchaus aufregendes Leben, doch bleibt in diesen jungen Jahren wenig Zeit um sich neu oder anders zu orientieren. Die Lebensereignisse sprudeln aufeinander, werden gelebt, mal mit mehr, mal mit weniger Intensität, und müssen im Alltag bestehen. Von ruhigen Fahrwassern des Lebens kann man anfangs nur träumen, denn das Leben hält so viele Überraschungen für einen bereit, tja, und nicht alle sind erfreulich. Jung sein ist anstrengend, doch das ist einem im Trubel des eigenen Erlebens gar nicht bewusst, na, und das ist auch gut so. Aber jung sein ist auch eine vitale und spannende Zeit im Leben, man hat die Kräfte zur Bewältigung so mannigfaltiger Aufgaben, bei denen man sich spürt bis in die kleinste Pore hinein. In diesem Abschnitt unseres Lebens sind wir so voller Kraft und manchmal auch voller Übermut, dass wir es durchaus mit der Strahlkraft der Mittagssonne auf uns nehmen können. Eine gute Zeit des Lebens, wie übrigens jeder Abschnitt unseres Lebens gut ist, wenn wir ihn bewusst leben. Doch wenn nun jemand denken mag, dass das Leben der Jugend mit dem Leben des Alters nichts zu tun hat, nun, der irrt gewaltig. Beides ist verknüpf und verwoben ineinander. Lernt man in jungen Jahren von Älteren um später seine eigene Richtung zu finden, so legt man, meistens ohne sich darüber auch nur die leisesten Gedanken zu machen, schon die Grundlagen für sein eigenes Alter. Es ist auch gut, dass das nicht vordergründig im Bewusstsein ist, denn das würde ganz viele Entscheidungen im Leben beeinträchtigen, ja, es würde das mutige voranschreiten doch behindern.

„In der Jugend lernt, im Alter versteht man.“ Marie von Ebner-Eschenbach

In welcher Lebensphase auch immer wir uns grad befinden, jedem von uns tut es gut, einen Moment, oder auch zwei, Innezuhalten und uns selbst in Achtsamkeit und Respekt zu betrachten. Keine dieser Phasen ist nur schön, aber auch keine ist nur schlecht, wenn wir verstehen daraus unseren ureigensten Sinn darin zu finden. Ja, wenn wir es schaffen mit uns selbst immer wieder ins Reine zu kommen, dann verändern wir auch dadurch unsere Umgebung. Bleiben wir immer neugierig auf das was uns das Füllhorn des Lebens zu bieten hat und lernen wir es zu spüren. Ach, und eins sollte uns ganz wichtig sein, lassen wir uns nicht durch Werbung oder irgendwelche Verkünder, gleich welcher Art sie sind, auseinander dividieren, denn ob wir jünger oder etwas älter sind, wir brauch einander, im Denken wie im Fühlen. In solch Zusammengehörigkeitsgefühl der Generationen üben wir uns in Toleranz und Verständnis, und das ist doch, ganz gleich in welchem Alter wir sind, ein Gewinn für uns selbst und die anderen.

Mir sagte einmal ein äußert kluger Mensch: “Alt werden ist kein Verdienst, weise werden schon.“

Bild 1: Miteinander – Quelle: vieth-haase.de · Bild 2: Alte Eiche – Quelle: jimdo.com · Bild 3: Sonnenkraft – Quelle: astrologos.de · Bild 4: Alt und Jung – Quelle: ehudi.at

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