Der israelische Journalist Eldad Beck zieht ein Resümee…
heute vor einer Woche veröffentlichte Israel Hayom den großen Artikel von Eldad Beck über den vorbestraften Lügner Rainer Höß, den Enkel des Kommandanten von Auschwitz, Rudolf Höß. Ich wollte wissen, wie hat die Öffentlichkeit darauf reagiert, ja welches Feedback hat ihn getroffen und welche Unterstützung hat er erfahren. Hier mein Telefoninterview mit Eldad Beck (da ich auch Hr. Beck persönlich kenne, duze ich ihn im Verlauf des Gesprächs):
Wie geht es dir, eine Woche nach der Veröffentlichung deines vielbeachteten Artikels über Rainer Höß und seine Aktivitäten?
Persönliche Gefühle habe ich so gar keine, da es ja keine persönliche Geschichte ist, obwohl das von einig wenigen so gesehen wird. Denn Rainer Höß hat mich sozusagen als „Erzfeind“ hingestellt und mir somit ein persönliches Interesse unterstellt, dem ist in keiner Weise so.
Was bewegt dich dann, an dieser wenig appetitlichen „Geschichte“ dran zu bleiben?
Ich sehe nunmehr im Verlauf von 10 Jahren, die Geschichte um Rainer Höß wie durch ein Brennglas: die Gesellschaft hat nichts gelernt aus der Entstehung des Nationalsozialismus, sie hat sich im großen und ganzen, dem Thema nicht geöffnet, ja, es hat dahingehend aus meiner Sicht keinerlei Sensibilisierung stattgefunden.
Natürlich sind die kriminellen Taten des Rainer Höß nicht mit dem industriellen Massenmords seines Großvaters vergleichbar, nicht dass man mich da falsch versteht, doch wieder wird die Gesellschaft vor einem Kriminellen gewarnt, und weite Teile der Öffentlichkeit verschließt Augen und Ohren. Dass sie sich damit einer Kollaboration schuldig machen, ist ihnen größtenteils gar nicht bewusst, denn die Verdrängungsmechanismen von damals funktionieren auch heute noch, leider, wie geschmiert.
Siehst du da Unterschiede zwischen Deutschland und Israel?
Nein, bedauerlicher Weise nur wenige; denn aus Israel hätte ich eine größere Sensibilisierung erwartet. Vor zehn Jahren informierte ich Chanoch Zeevi über die Aktivitäten von Rainer Höß, also bevor der Film „Hitler´s Children“ fertiggestellt wurde. Ich erzählte ihm vom Versuch Devotionalien des Rudolf Höß an Yad Vashem zu verkaufen, ich wies auf die problematischen Äußerungen Rainer Höß´ hin, doch er überging das, um einen Film des friedvollen Miteinanders von „geläuterten“ deutschen Täter-Kindern und den Nachkommen der Shoah-Opfer darzustellen. Dazu mit der Tendenz, dass auch die Nachkommen der Täter, zu Opfern geworden sind. Opfer ihrer Familiengeschichte.
Aus meiner Sicht ein völlig falsches Signal an die Gesellschaft, ob in Israel oder in Deutschland.
Solch ein Versöhnungsbild zeigte auch die Überlebende von Auschwitz, Eva Mozes-Kor. Wie siehst du das?
Ja, Eva Moses-Kor, die selbst nicht mehr äußern kann, da sie nun bereits verstorben ist, ist als Überlebende der Shoah, ein gutes Beispiel. Sie hat die grausamen Menschenversuche des Doktor Mengele überlebt, verlor ihre Zwillingsschwester dabei, alles unter der Leitung des Kommandanten von Auschwitz-Birkenau, Rudolf Höß, und ist dann wieder Opfer eines Mannes mit Namen Höß geworden.
Die Mission Eva Mozes-Kor´s war inneren Frieden mit Alt-Nazis zu schließen. So entstand eine enge Beziehung zu Rainer Höß, die darin gipfelte, dass sie ihn öffentlich „adoptierte“, ihn also in ihre Familie einband. Dies erregte sowohl in Israel, den USA und auch hier in Deutschland für Aufsehen und ein Bild von Rainer Höß entstand. Nun konnte er sich im “Ruhm“ dieser Versöhnung sonnen, nein, nicht nur das, er konnte auch andere von seiner „Seriosität“ überzeugen, sowohl Journalisten und spätere Opfer, um diese dann um hohe Geldsummen prellen.
Denn was die Öffentlichkeit nicht erfuhr, war, das Eva Mozes-Kor nach achtmonatiger Bekanntschaft mit Höß die Verbindung abbrach und ihn bereits 2015 schriftlich der Lügen bezichtigte. Dies wurde nicht veröffentlicht, leider. Deshalb wurde diese „Adoptions-Geschichte“ nicht aus dem Netz genommen.
Somit kann der betrügerische Enkel weiter damit hausieren gehen, bis heute.
Ich weiß von einigen Opfern des Rainer Höß, die ganz ähnlich agieren. Vielleicht aus Scham, vielleicht aus Schuldgefühlen, sie zeigen den Betrug nicht an, sie ziehen sich zurück.
Ja, wobei ich denke, dass wir nur die Spitze des „Eisbergs“ der Opfer kennen. Ich würde mir wünschen, dass meine Artikel dazu beitragen, den Mut zu finden, Rainer Höß anzuzeigen. So wie Peter Rüsch den Mut hatte, offen vor dem Gericht in Leonberg zu bekunden, dass er sich getäuscht hat und getäuscht wurde. Das Gericht hat ihm ja Recht gegeben und Rainer Höß nunmehr zum 14. Mal wegen Betruges verurteilt.
Doch wenn ich eine Suchmaschine benutze, um mich über Rainer Höß zu informieren, dann stehst du recht allein da, manchmal findet man nur nach intensivem Suchen etwas Kritisches.
Ja, das ist zeitweise sehr, sehr demotivierend. Denn die seriösesten Medien in Deutschland wie zum Beispiel die ARD, die Deutsche Welle, und diverse angesehene Printmedien haben ohne tieferer Recherche Rainer Höß zu einer öffentlichen Person stilisiert. Auch im Ausland war es nicht nicht anders, die NNZ, CNN oder das Wallstreet Journal zogen mit.
Sie alle machen sich mitschuldig, kollaborieren mit ihm, wenn er seine Betrugsmasche auflegt. Sie bereiten ihm einen öffentlichen Raum, den Rainer Höß sehr wohl zum seinem Gewinn nutzt und nicht um das Andenken der Shoah zu erhalten, oder gegen den rechten Sumpf zu agieren, denn das sind alles lügnerische Worthülsen.
Doch macht Rainer Höß nicht nur Geld mit Betrug, auch mit Lügen, die einem die Sprache verschlagen, wie in seinen öffentlichen Auftritten, wie siehst du das?
Ja, er tritt in Schulen, Podiumsdiskussionen und als Dozent auf. Er stilisiert sich als „Zeitzeuge“, als „Historiker“ und Autor. Dabei lügt er in Hinsicht seiner Lebensgeschichte, die ihm zwei renommierte Sternreporter in einem Buch verfassten und das alles nur auf dem Hintergrund, dass er der Enkel des Massenmörders Rudolf Höß ist. Denn eine Ausbildung kann Rainer Höß nicht vorweisen und dass „sein“ Buch und die Inhalte seiner Vorträge das reinste Lügengespinst sind, dass hat der ältere Bruder Kai Höss in einem Interview klar und deutlich gemacht.
Doch auch damit nimmt Rainer Höß Geld ein, ausschließlich zum einen Nutzen.
Abgesehen von diesem Kriminellen, was sagt das für unsere Gesellschaft aus?
Ja, das macht mir am meisten zu schaffen. Die Warnenden werden im besten Fall totgeschwiegen, im schlechtesten Fall diskreditiert. Das Böse wird hervorgehoben und nicht an gleicher Stelle korrigiert. Hier nehmen sich die Gesellschaften in Israel und Deutschland nichts, fatalerweise. Seriöseste Medien geben dem Lügner Plattform und und Raum und wenn man mit verifizierbaren, nachweislichen Fakten kommt, dann ist man der wie, der Bote, der um seinen Ruf (heute zu Glück nicht mehr um seinen Kopf) bangen muss.
Vergleiche ich diese Vorgehensweise in unserer Gesellschaft, dann begreife ich den gesellschaftlichen Aufstieg des Nationalsozialismus besser, ohne natürlich etwas vergleichen zu wollen. Doch das Phänomen gesellschaftlichen Handelns wird mir dadurch deutlicher.
Meine letzte Frage ist eine ganz persönliche: Woher nimmst du die Kraft, immer wieder an diesem Thema zu bleiben?
Ja, es gab und gibt Zeiten, da möchte ich von diesem Thema so gar nichts wissen, denn es ist ermüdend immer und immer wieder gegen Lügen und Betrug anzugehen und scheinbar allein dazustehen. Doch ich stehe nur für manche im Fokus, in der Realität habe ich Freunde, Bekannte und engagierte Unterstützung von Menschen in Israel, aber auch sehr viele hier in Deutschland, die sensibel und verantwortungsvoll genug sind, mir Kraft und Unterstützung zu geben.
Ich weiß, ich stehe nicht allein … und das ist gut so.
Danke…
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