Ein sonst eher abfällig gemeinter Spruch kann doch auch ins Gegenteil gemünzt werden, ich spreche von: „Je oller, je doller…“. Denn warum nicht jenseits angeblicher Untätigkeit noch einmal zu neuen Ufern zu paddeln, muss ja nicht mehr so schnell sein wie früher, auch langsamer kommt man zum Ziel. Wann Mann oder Frau ein bestimmtes Alter überschritten hat, diese also nicht mehr zum ‚werberelevanten’ Klientel der Medienwirtschaft gehört, obwohl als Konsument durchaus mit Einkommen bedacht, so hat man gesellschaftlich ausgedient und soll sich ausruhen. Doch dieses Ausruhen dauert dann so 20 bis 30 Jahre, vielleicht auch weit darüber hinaus. Das kann doch nicht der Weisheit letzter Schluss sein, tja, und der Altersweisheit schon gar nicht. Denn welch anderer gesellschaftlichen Gruppe wird denn ein ‚Beschäftigungsverbot’ für einen solch langen Zeitraum erteilt? Niemandem. Doch ab einem gewissen Alter soll ein Großteil der Gesellschaft, und dieser wird immer größer, an den Rand gedrängt werden, weil angeblich keinerlei ‚Bedarf’ besteht. Dieser angebliche Bedarf stellt sich aber nur im produktiven Sinne dar und das macht ja nur einen Bruchteil des Bedarfs einer gesamten Gesellschaft aus. Denn wie einfältig stellt sich ein gesamtgesellschaftliches Bild dar, das auf Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Erfahrungen eines so großen Anteils der Bevölkerung schlicht und ergreifend verzichtet. Goldwerte Potentiale liegen brach, dabei müsste danach nicht unbedingt anstrengend geschürft werden, nein, alles liegt zum Greifen nah. Doch nicht nur die Gesellschaft als solches stellt Ältere ins Abseits, nein, diese Generation lässt sich auch ins Abseits stellen, oftmals ohne aufzubegehren, na, von Ausnahmen abgesehen. So fügen sich die meisten in ihrer ‚Ausruhstellung’ ohne aufzumucken, ja, sie sehen das auch noch als ‚Privileg’ an, nun nicht mehr dazu zugehören. So wird der Alltag zwischen Kreuzworträtseln und alltäglichen Pflichten bewältigt, doch der reiche Schatz des eigenen Lebens wird vergraben, nur irgendwann wird einem klar, dass diesen niemand bergen will. Doch in Wirklichkeit gibt es viel zu tun, warum sollten wir es lassen? Das Gefühl eine Aufgabe zu haben, wahrgenommen, gebraucht und, oder geschätzt zu werden ist Seelenbalsam, der lebendig erhält. Ja, und jeder könnte und kann da seinen Platz finden. Ich weiß von einer tollen Frau, die kocht Batterien von Gläsern Marmelade ein, leckerer Marmelade, die sie dann Verkauft und den Erlös spendet. Ich weiß von einem älteren Herrn, der auf einem Abenteuerspielplatz mit Kindern ein großes Schiff baut, zur Freude aller Beteiligten. Ich kenne eine Frau, die einmal in der Woche in der Stadtbibliothek aushilft. Da gibt es eine Bekannte von mir, die mit Schülern einen Kräutergarten hegt und pflegt. Ein älterer Dachdeckermeister, der mit Lehrlingen an ihren Berichtsheften arbeitet.
Es gibt so viel zu tun, nicht tagtäglich und auch nicht bis zur Erschöpfung, doch ein jeder kann seinen Platz finden und so die eigene Umgebung und sich selbst bereichern.
„Es tritt der Mensch in jedes Alter als Novize ein.“ Nicolas-Sébastien de Chamfort
Doch viel spannender wird diese Phase des Lebens, wenn man selbst auf Entdeckungsreise seiner eigenen Ressourcen geht. Wenn man Seiten und Neigungen an sich entdeckt, die in einem schlummerten und einem gar nicht bewusst wurden. Da fängt jemand an zu malen, der gar nicht wusste wie viel Talent in ihm steckt. Der nächste fängt an zu reimen und stellt sich als Naturtalent heraus. Jemand fängt an Briefe zu schreiben, die jeden Essayisten blass werden lässt. Ob wir nun Torten backen, Oldtimer zusammen bauen und polieren oder den Jahrhundertroman schreiben, völlig egal, was wir tun, uns selbst weiter zu entdecken, in all unseren mannigfaltigen Facetten, das ist die Aufgabe unseres Lebens. Eine Forderung der wir nachkommen sollten, und zwar mit Entschiedenheit. In uns selbst gibt es so viel zu entdecken und aufzudecken, dass der innere Spaß, die Lebensfreude einen zu Luftsprüngen animieren könnte. Ob wir uns in der Kunst, der Kultur, dem Sport, der Technik oder im sozialen Bereich wieder finden, ach, das ist doch völlig egal, wichtig ist das eigene Gefühl sich weiter zu entfalten. Nicht stehen zu bleiben, nicht zu verharren sondern durchzustarten. Jeder kennt das Lied: „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an …“ und genau so sollte es sein, starten wir in eine neue Ära und bleiben wir neugierig darauf, was es nun zu entdecken gilt. Lassen wir keinen Moment ungenutzt, denn dazu ist das Leben zu kostbar und wir sind es uns wert, uns selbst und unserer Umgebung, denn was immer wir auch machen, diese wird auch davon profitieren. Auch wenn Rost auf älterem Eisen liegt, der kann abgeschmirgelt werden, darunter bleibt Eisen und das wird immer und überall benötigt.
Also: Gas geben, durchstarten und dies mit ganz eigenem Tempo …
Bild 1: Senioren – Quelle: seniorencare24.de · Bild 2: russ. Beitraf beim ESC 2012 – cafebabel.com · Bild 3: Tacho – Quelle: bonedo.de
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