“Perfide Medizin” in Auschwitz

“Perfide Medizin” in Auschwitz

 

Hier stelle ich einen der perfidesten Orte vor. Angebliche „medizinische“ Versorgung von Häftlingen in Konzentrationslagern. Wobei ich mich hier vornehmlich mit den Strukturen dieser „Medizin“ befasse und den Fokus auf das Vernichtungslager Auschwitz lege. Inhaltlich werde ich auf „medizinische“ Tätigkeiten weniger eingehen, denn darüber liegt eine einschlägige Literatur vor, sowohl von Menschenversuchen, als auch von Augenzeugen und Opfern.

Hierarchie des medizinischen Personals innerhalb der Konzentrations- und Vernichtungslager:

Die „Abteilung V“ war obligatorischer Bestandteil des Kommandanturstabes in den Konzentrationslagern. Diese Abteilung unterstand innerhalb der SS-Inspektion der Konzentrationslager (IKL), ab 1937 dem so genannten „Leitenden Arzt“. Der „Leitende Arzt“ der IKL war für Zuteilung und Versetzungen des „Sanitätspersonals“ der Konzentrationslager, die fachlichen Weisungen an die Standortärzte und die Auswertung der so genannten Monatsberichte der Standortärzte zuständig. Nach der Unterstellung der IKL als Amtsgruppe D unter das SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt fungierte Enno Lolling ab dem 3. März 1942 als Leiter des Amtes D III für Sanitätswesen und Lagerhygiene mit Sitz in Oranienburg ( KZ-Sachsenhausen). In dieser Position wurde er als Leitender Arzt zum Vorgesetzten aller KZ-Lagerärzte, der wiederum dem Reichsarzt SS Ernst-Robert Grawitz unterstellt war. Der Standortarzt, auch Erster Lagerarzt genannt, leitete innerhalb seines jeweiligen Konzentrationslagers die „Abteilung Sanitätswesen“. In dieser Funktion war der Standortarzt der Vorgesetzte des gesamten medizinischen Personals des Konzentrationslagers.
 

Aufgaben der „medizinischen“ Abteilung innerhalb der Vernichtungsindustrie:

 
Eine wirklich medizinische Betreuung von Häftlingen stand nie auf der Agenda der Organisatoren. Wenn es doch dazu kam, so erfolgte diese Initiative von Häftlingsärzten und Häftlingspersonal, wobei auch deren Wirken verständliche Grenzen hatte.
 
 
 

 
Die Aufgabenfelder des Personals:
 
Pseudomedizinische Aufgaben; wie Selektionen ankommender Häftlingstransporte und im Häftlingskrankenbau; Überwachung des Vergasungsvorganges und Dosierung der „Vergasungsdosis“ entsprechend, der zu vernichtenden Personen; Überwachung bei der Sicherung des Zahngoldes getöteter Häftlinge; Feststellung des Todes überhaupt, auch nach Exekutionen, einzelnen Morde durch die Lager-Gestapo; Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen und Sterilisationen; sowie Menschenversuchen.
 

Auschwitz:
 
Das Stammlager Auschwitz I gehörte neben dem Vernichtungslager Auschwitz II–Birkenau und Auschwitz III–Monowitz zum Lagerkomplex Auschwitz und war eines der großen deutschen Konzentrationslager. Es befand sich zwischen Mai 1940 und Januar 1945 nach der Besetzung Polens im annektierten polnischen Gebiet des nun deutsch benannten Landkreises Bielitz am südwestlichen Rand der ebenfalls umbenannten Kleinstadt Auschwitz, heute: Oświęcim. Teile des Lagers sind heute staatliches polnisches Museum bzw. Gedenkstätte. Seit dem 27. Juni 2007 trägt der größte Teil des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz in der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes insgesamt die offizielle Bezeichnung „Auschwitz-Birkenau – deutsches nationalsozialistisches Konzentrations- und Vernichtungslager“. Der SS-Ehrenbrigadeführer und SS-Arzt Carl Clauberg führte „Experimente“ zur Massensterilisation von Frauen aus. 
 

Er begann seine „Menschenversuche“ im Dezember 1942 im Frauenlager Auschwitz-Birkenau, wechselte im April 1943 in den Block 10 des Stammlagers und setze die „Experimente“ später in einem Bau des Erweiterungsgeländes vom Stammlager fort. Seine Methode bestand darin, durch chemische Substanzen eine starke Entzündung mit nachfolgender Verstopfung der Eileiter hervorzurufen. Die Versuchsperson wurde im Glauben gelassen, es handele sich um eine gynäkologische Untersuchung. Am 1. Oktober 1943 waren bei ihm 394 „weibliche Häftlinge für Versuchszwecke“ notiert. Ein Teil der Versuchspersonen starb oder wurde getötet und seziert. Zu den überlebenden Frauen gehört unter anderem die deutsche Jüdin Ilse Arndt, die später über ihre Zwangssterilisation durch Clauberg berichtete. Der SS-Sturmbannführer und SS-Arzt Horst Schumann experimentierte zunächst in Baracke 30 des Frauenlagers in Birkenau mit Röntgenstrahlen, um Frauen unfruchtbar zu machen. Diese Versuche wurden später im Stammlager in Block 10 fortgeführt und erweitert. Schumann sterilisierte ungefähr 200 jüdische Männer und kastrierte sie später. Eduard Wirths, vom 1. September 1942 bis zum 18. Januar 1945 SS-Standortarzt, führte im Stammlager pharmazeutische Experimente durch. Weitere sechs Ärzte sind namhaft, die sich an teils tödlichen Erprobungen von neuartigen Medikamenten beteiligten.
 
Im April 1943 wurde ein Raum des Blocks 10 der Hygiene-Bakteriologischen Untersuchungsstelle der Waffen-SS Südost zugewiesen, die sich mit bakteriologischen, chemischen, pathologisch-anatomischen und anderweitigen Forschungen befassen sollte. Einen Monat später, im Mai 1943, wurde die Untersuchungsstelle nach Rajsko bei Auschwitz verlegt. SS-Hauptsturmführer Josef Mengele, nahm, wie fast alle anderen KZ-Ärzte, Selektionen unter den Neuankömmlingen an der „Rampe“ wie auch im Lager für die Gaskammern vor, wobei er die Ermordung von ca. 40.000 Menschen persönlich anordnete. Er nahm an Untersuchungen an Zwillingen und Versuche an kleinwüchsigen Menschen vor, die er auch für seine Forschungszwecke tötete.
 

Er war nicht im Stammlager eingesetzt, sondern im so genannten Zigeuner-Familienlager tätig. Was nur eine Standortbestimmung war, da er ansonsten auch andere „ärztliche“ Tätigkeiten innerhalb der Vernichtungsmaschinerie übernahm. Erhalten sind Unterlagen, dass die Firma Bayer 150 weibliche Häftlinge für „170 RM je Stück“ anforderte und erhielt. In einem weiteren Schreiben hieß es dann: „Die Experimente sind durchgeführt worden, alle Personen sind gestorben. In Kürze werden wir uns mit Ihnen zwecks weiterer Lieferungen in Verbindung setzen.“
 
Die Blöcke Nr. 9 (nach alter Nummerierung 11), 19 (14), 20 (15), 21 (18) und 28 (20) bildeten den Häftlingskrankenbau (HKB) des Stammlagers Auschwitz. Im „Infektionsblock“ (Nr. 20) wurden in einem so genannten  „Behandlungszimmer“ erkrankte und ausgesonderte Häftlinge des Stammlagers und hierher überstellte Häftlinge aus den Nebenlagern durch Phenol-Injektionen ins Herz getötet. Im Keller der HKB-Ambulanz (Block Nr. 28) befand sich die „Leichenhalle“, von der ein eigens dafür gebildetes Häftlingskommando die Toten und Ermordeten des HKB ins Krematorium zu bringen hatte.

Eine positive Erinnerungskultur bedingt, genau zurückzuschauen, um in der Gegenwart einem solchen Treiben, den Riegel vorzuschieben und zu versuchen, zukünftige Generationen so zu Sensibilisieren, dass das oben erwähnte Geschichte bleibt.

Bild a: Eingangstor KZ Sachsenhausen (Oranienburg b/Berlin) Quelle: Wikipedia ·Bild b: Eingang Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau Quelle: Googlebilder ·Bild c: Instrumente des Lagerarztes Clauberg Quelle: Auschwitz-Museum ·Bild d: Eingang des berüchtigten Blocks 10  Quelle Wikipedia ·Bild e: Opfer „medizinischer“ Versuche Quelle Auschwitz-Museum ·Bild f: Selektion Auschwitz Quelle Auschwitzmuseum ·Bild g: Nie wieder Krieg v. Käthe Kollwitz Quelle: Googlebilder 

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