Leon Zelman

Leon Zelman

Leon Zelman ✡ Erinnerung & aktive Versöhnung

„Die Gegenwart ist die zukünftige Erinnerung, entsprechend sollte man sie gestalten.“ Gerhard Uhlenbruck

Leon Zelman  wurde am 12. Juni 1928 in Szczekociny in Polen geboren und verstarb am  11. Juli 2007 in Wien. Er war polnisch-österreichischer Publizist und Gründer sowie Leiter des Jewish Welcome Service Vienna.
Bereits als 12jähriger kam er mit seiner Familie in das Ghetto von Łódź, dort verlor er auch seine Eltern und kam dann 1944, zusammen mit seinem Bruder in das Kinderlager von Auschwitz. Hier verlor er auch seinen Bruder und im Zuge der Auflösung des Vernichtungslagers Auschwitz, wegen der herannahenden Roten Armee, wurde er in das Konzentrationslager Ebensee überstellt, einem Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen. Hier wurden er und seine Mithäftlinge am 6. Mai 1945 von US-amerikanischen Truppen befreit. Wegen seiner körperlichen Geschwächtheit verbrachte er einige Jahre in verschiedenen Krankenhäusern und Kurheimen. Einigermaßen stabilisiert siedelte er nach Wien um, legte dort die Matura ab und schloss sein  Publizistikstudium mit der Dissertation ‚Der Film als Beeinflussung der öffentlichen Meinung’ 1954 ab. Währen seiner Studienzeit war er führender Funktionär der Jüdischen Hochschülerschaft, deren Präsident er auch viele Jahre war. 1951 war er Mitbegründer der ursprünglich als Mitteilungsblatt der Jüdischen Hochschülerschaft gegründeten Zeitschrift ‚Das Jüdische Echo’. Leon Zelman war viele Jahre Chefredakteur der Zeitschrift Das Jüdische Echo, das von einem kleinen Mitteilungsblatt der Jüdischen Hochschülerschaft zu einer bedeutenden Zeitschrift für Kultur und Politik im deutschsprachigen Raum aber auch in Übersee wurde. 1995 erfolgte gemeinsam mit Armin Thurnher, Chefredakteur der Wiener Stadtzeitung Falter, die Veröffentlichung der Autobiographie ‚Ein Leben nach dem Überleben’, die auch in den USA erschien.
Für ihn gab es nie einen Zweifel in Wien zu bleiben, denn hier wollte er seine Träume von einer neuen Welt und Gesellschaft umsetzen, aber auch das vertriebene jüdische Leben und die damit verbundene Kultur wach zu halten, war ihm zeitlebens Antrieb. Beruflich war Leon Zelman dann beim damals staatlichen Österreichischen Verkehrsbüro, dem größten Reisebüro Österreichs, tätig. Er war dort seit 1963 Experte für Reisen von Österreich nach Israel, bemerkte aber bei Israelis, die bis zur NS-Zeit in Wien gelebt hatten, zunehmendes Interesse an ihrer einstigen Heimatstadt. Viele von ihnen waren nicht wohlhabend genug, eine Reise nach Wien selbst finanzieren zu können, so kam er auf die Idee den ehemaligen österreichischen Bürgern eine Möglichkeit zu verschaffen dorthin zu reisen, auch um einen Prozess der inneren Versöhnung anzustoßen.


Gemeinsam mit den führenden Wiener Stadtpolitikern Leopold Gratz und Heinz Nittel initiierte er 1980/81 den Jewish Welcome Service Vienna, JWS. Zelmans Arbeitgeber, das Verkehrsbüro, war von Anfang an in den Verein eingebunden, es stellte dem JWS einen Teil von Zelmans Arbeitszeit, ein Büro und einen Informationsschalter gratis zur Verfügung. Neben der mehrmals im Jahr anfallenden Betreuung von Gruppen ehemaliger Wienerinnen und Wiener wurde Zelman im Lauf der Zeit wichtige Auskunftsperson zum jüdischen Wien von heute. Er hatte in Übersee nicht selten die Frage zu beantworten, wieso er in der Stadt der Mörder leben könne. In den darauf folgenden Jahrzehnten engagierte sich Zelman unermüdlich dafür, Jüdinnen und Juden, die von den Nationalsozialisten aus Österreich vertrieben wurden, einen Besuch in Österreich zu ermöglichen. Rund 4000 Personen kamen seitdem auf Vermittlung des Jewish Welcome Service in ihre alte Heimat. Damit machte er nicht nur international auf die jüdische Kultur in Österreich aufmerksam, sondern trug auch wesentlich zum besseren Verständnis des Judentums in Österreich bei. Leon Zelman wurde für sein Lebenswerk bereits mehrfach ausgezeichnet: Im. Mai 2006 erhielt er den Ehrenpreis des Presseclubs Concordia, im Oktober 2005 das Große Ehrenzeichen für die Verdienste um die Republik Österreich und im April 2005 den Goldenen Rathausmann der Stadt Wien. 1984 fand unter dem Titel ‚Versunkene Welt’ eine Veranstaltungsreihe statt, die sich mit der Geschichte des jüdischen Wien auseinandersetzte. Leon Zelman und der JWS waren Verleger des Katalogs. 1988 und danach tourte die Ausstellung Jewish Vienna – Heritage and Mission durch die USA, nachdem Zelman sie in einer New Yorker Synagoge eröffnet hatte.

Leon Zelmans öffentlich vertretener Wunsch, das für einen jüdischen Wiener erbaute Palais Epstein an der Wiener Ringstraße möge nach dem Auszug des Wiener Stadtschulrates im Jahr 2000 als ‚Haus der Geschichte’ beziehungsweise als Begegnungsstätte mit der jüdischen Geschichte und Kultur gewidmet werden, ging nicht in Erfüllung. Der damalige Nationalratspräsident Heinz Fischer war damit erfolgreich, das Gebäude für Büros des benachbarten, unter Raumnot leidenden Parlaments zu reklamieren. Ein Jahr nach seinem Tod erinnert nun eine Gedenktafel am Palais Epstein, Dr. Karl-Renner-Ring an Dr. Leon Zelman, der mit seinem „Jewish Welcome Service“ einen wichtigen Beitrag zum Dialog zwischen Juden und Nichtjuden, zwischen Exilösterreichern und dem neuen Wien geleistet hat. Die 2006 von Leon Zelman gemeinsam mit der Historikerin Brigitte Hamann initiierten „Epstein-Vorlesungen“ werden bis heute fortgeführt. Ziel der Veranstaltungsreihe ist es, die verschiedenen Aspekte, die mit dem Palais Epstein und seiner Geschichte in Verbindung stehen, sowohl aus persönlicher als auch aus wissenschaftlicher Sicht zu beleuchten.

Nach seinem Tod 2007 wurde er in der neuen ‚Israelitischen Abteilung’ des Wiener Zentralfriedhofs (5. Tor, Gruppe 7, Reihe 11, Nr. 1) beigesetzt.

Bild 1: Leon Zelmann – Quelle: jewish-welcome.at · Bild 2: Buchtitel Leon Zelmann – Quelle: jüdischesecho.at · Bild 3: Gedenktafel am Epstein Palai in Wien – Quelle: jewish-welcome.at

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