Das ehemalige Konzentrationslager Lichtenburg

Das ehemalige Konzentrationslager Lichtenburg

in Sachsen-Anhalt – Ort der Demütigung und Tyrannei

Das Konzentrationslager Lichtenburg (auch Sammellager Lichtenburg) befand sich in Schloss Lichtenburg, aus dem 16. Jahrhundert, in Prettin im Osten des Landes Sachsen-Anhalt. Das Gebäude wurde bereits seit 1812 als Zuchthaus genutzt und 1928 wegen mangelhafter baulicher und sanitärer Zustände geschlossen.

 
Das Lager Lichtenburg hatte im Nationalsozialismus als eines der ersten Konzentrationslager Vorläuferfunktion für das Lagersystem im gesamten ‚Deutschen Reich’. Am 13. Juni 1933 wurde es als „Konzentrationslager für männliche Schutzhäftlinge“ eingerichtet. Für 1000 Häftlinge geplant, war das KZ Lichtenburg bereits im September 1933 mit ca. 2000 Häftlingen stark überbelegt, dadurch verschlechterten sich die Lebensbedingungen der Häftlinge extrem. Viele Häftlinge sind in der Zeit des Lagerbestehens, durch Misshandlungen, schlechte Haftbedingungen und Morde im Strafbunker, umgekommen.
 
Etwa die Hälfte der Gefangenen gilt nach den nationalsozialistischen Rassekriterien als Juden. Wolfgang Langhoff, ehemaliger Häftling, der am 6.12.1933 eintrifft, findet hier ungefähr 70 Prozent Kommunisten, 20 Prozent Sozialisten und 10 Prozent politisch unorganisierte Häftlinge vor. Kurz darauf werden die ersten so genannten Kriminellen eingeliefert. Seit Mitte August 1933 obliegt die Bewachung nicht mehr der Polizei sondern der SS. Ab dem 1. Juni 1934 gilt die Dachauer Lagerordnung. Eine Politische Abteilung wird eingerichtet und der Strafkatalog weiter verschärft. Ab 1934 werden auch als Homosexuelle verfolgte in die „Lichte“ verschleppt und nach dem Erlass der Nürnberger Rassegesetze im September 1935 wegen „Rasseschande“ verfolgte jüdische Häftlinge. Im Zuge der Kriegsvorbereitung wird das KZ-System ausgebaut. Im Juli 1936 wird mit dem Bau des KZ Sachsenhausen begonnen und ein Jahr später folgt Buchenwald. Mitte August 1937 wird das Männer-Konzentrationslager Lichtenburg aufgelöst.

Am 15. Dezember treffen die ersten 200 weiblichen Häftlinge aus dem Frauen-Konzentrationslager Moringen ein. Das Frauenlager untersteht der Inspektion der Konzentrationslager. Neben den politischen Häftlingen, die zum Teil schon seit 1933 inhaftiert sind, werden seit 1935 verstärkt die „Bibelforscherinnen“ genannten Zeuginnen Jehovas, zurückkehrende Emigrantinnen, wegen „Rassenschande“ verfolgte Frauen jüdischer Herkunft und so genannte Asoziale und Kriminelle ins Konzentrationslager verschleppt. Die Bewachung des Lagers ist in zwei Bereiche geteilt. Nach außen hin bewachen rund 120 SS-Männer die Anlage, während für die unmittelbare Überwachung der hier Inhaftierten uniformierte SS-Aufseherinnen, eingesetzt wird. Zunächst gibt es zwei Schlafsäle für je 120 Frauen mit Tischen und Holzhockern und an den Wänden Spinden. Später kommen weitere Räume hinzu. Im Schloss sind die Bibelforscherinnen, die Politischen und die Jüdinnen untergebracht, im Zellenbau die als Prostituierte Inhaftierten.

Lotti Huber erinnert sich: „Später wurden wir Jüdinnen von den „Politischen“ getrennt und mit anderem „Abschaum der Menschheit“, wie die Wärter sie nannten, zusammengelegt: Prostituierte, Diebinnen und später auch Zigeunerinnen. Es war eine faszinierende Mischung menschlichen Elends.“

Da das Schloss eine marode Bausubstanz hatte und als nicht erweiterungsfähig galt, wurden im Mai 1939 die verbliebenen 867 weiblichen Häftlinge in das neu gebaute Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück verlegt.

Nach der Schließung des KZ Lichtenburg fungierte das Schloss als Standort für das Totenkopf-Infanterie-Ersatzbataillon II und ab 1942 das SS-Hauptzeugamt.

Bis zu 65 Häftlinge aus dem KZ Sachsenhausen, die im Zellenbereich untergebracht waren, standen der SS zur Zwangsarbeit zur Verfügung.

Bekannte Häftlinge des Konzentrationslagers:

Friedrich Ebert, SPD-Politiker/ Sohn des ehemaligen Reichspräsidenten); Lotti Huber, (Charlotte Goldmann) Schauspielerin; Hans Litten, Anwalt; Wilhelm Leuschner, Gewerkschafter und Widerstandskämpfer; Theodor Neubauer, KPD-Politiker; Charles Regnier, Schauspieler; Ernst Reuter, Oberbürgermeister von Magdeburg (später Regierender Bürgermeister von Berlin); Max Abraham, Rabbiner … u.v.m.

Nach 1945 wurden das Schloss und die angrenzenden Ländereien bis 1990 landwirtschaftlich genutzt. Im Bunker des ehemaligen KZ wurde 1965 eine Mahn- und Gedenkstätte eingerichtet, die 1974 erweitert wurde. Nach langjährigen Verhandlungen über die Zukunft und die Trägerschaft der Gedenkstätte KZ Lichtenburg zwischen dem Landkreis Wittenberg, der Landesregierung in Sachsen-Anhalt und der Bundesregierung führte 2006 zu dem Entschluss in Sachsen-Anhalt eine Gedenkstättenstiftung einzurichten. Diese existiert seit dem 1. Januar 2007. Seit Anfang 2008 gehört die Gedenkstätte KZ Lichtenburg zu dieser Stiftung. Die notwendige Neugestaltung und die damit verbundenen Baumaßnahmen laufen seit Dezember 2008. Die neue Dauerausstellung wurde mit Eröffnung der neuen Gedenkstätte am 1. Dezember 2011 der Öffentlichkeit präsentiert.

 

Ort der Erinnering für die Öffentlichkeit

Mit dem Renaissanceschloss Lichtenburg sind viel Leid und Grausamkeit verbunden. 1933 richteten die Nazis dort eines der ersten Konzentrationslager ein. Heute steht das Gedenken im Vordergrund.Die neue Gedenkstätte im früheren Konzentrationslager Schloss Lichtenburg in Prettin (Landkreis Wittenberg) ist am Donnerstag eröffnet worden. In einer Dauerausstellung wird anhand von Dokumenten und Originalzeugnissen an die Geschichte und die Opfer erinnert. Die Schau trägt den Titel «“Es ist böse Zeit …“ Die Konzentrationslager im Schloss Lichtenburg 1933-1945». Laut Kultusministerium konnten bislang mehr als 7000 von vermutlich 10 000 Menschen ermittelt werden, die im KZ Lichtenburg inhaftiert, gepeinigt und ermordet wurden.

Mit der Gedenkstätte setze Sachsen-Anhalt ein Zeichen gegen das Vergessen, sagte Landtagspräsident Detlef Gürth (CDU). Die Lichtenburg sei nun ein wieder sichtbar gewordener Mosaikstein des nationalsozialistischen Terrors. «Sie verpflichtet uns heute mehr denn je zu einem wirkungsvollerem Engagement gegen Rechtsextremismus», sagte er. Die Nationalsozialisten hatten 1933 in dem Schloss eines der ersten Konzentrationslager in Deutschland eingerichtet, zunächst für Männer, dann für Frauen und als Außenlager von Ravensbrück, wie die Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt mitteilte.

Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) sagte, die wichtigste Aufgabe der Gedenkstätte werde es sein, ein breitere Öffentlichkeit über Lichtenburg aufzuklären. Unter den Häftlingen waren prominente Hitler-Gegner wie der Sozialdemokrat Friedrich Ebert und der Gewerkschafter Wilhelm Leuschner. Der ehemalige Magdeburger Bürgermeister Ernst Reuter wurde 1933 von den Nazis in das KZ Lichtenburg verschleppt. Gürth würdigte das Engagement von Reuters Sohn Edzard für den Ort der Erinnerung.

Zur neuen KZ-Gedenkstätte gehören Gefangenenzellen im einstigen Bunker sowie der ehemalige Werkstattflügel, in dem ein modernes Besucherzentrum mit der Dauerausstellung entstanden ist.

Bild1: Tor der Lichtenburg – Quelle: lichtenburg.org · Bild2: Innenhof der Lichtenburg – Quelle: sachsen-anhalt.de · Bild3: Lotti Huber – Quelle: fdb.cz · Bild4: Ernst Reuter – Quelle: akpool.de · Bild4: Gedenkstätte Lichtenburg – Quelle: mz.web.de/dpa

„Wenn junge Menschen heute erfahren, dass Fuhlsbüttel zwölf Jahre bestanden hat und die Behandlung der politischen Gefangenen immer unmenschlicher gehandhabt wurde, können sie sich vielleicht vorstellen, warum wir Ehemaligen dieses Torhaus das „Tor zur Hölle“ nennen

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