Wettkämpfe, große oder kleine, haben wir mehr oder weniger tagtäglich zu bestehen. Bereits während der Geburt kämpfen wir uns mit größter Anstrengung ins Leben, vielleicht eine der größten Schuftereien, die je wieder von uns verlangt werden, zum Glück ist uns diese nicht mehr bewusst, wer weiß ob wir sonst noch die körperliche und vor allem die mentale Kraft aufwenden wollten, die das Leben so von uns fordert. So ein Menschenleben zeichnet sich durch Höhepunkte aus, aber auch durch das erfolgreiche durchschreiten tiefer Täler, doch meistens sind es die Grauzonen des Lebens, die wir meistens als ‚Normalität’ bezeichnen, die große oder größte Anstrengungen von uns verlangen. Wir treten in Wettkämpfe mit Geschwistern, Mitschülern, Kommilitonen und beruflichen Mitbewerbern, aber wir kämpfen auch um Anerkennung, Beachtung und Liebe, denn häufig werden uns diese selten frei Haus geliefert. Meistens sind uns diese größeren oder kleineren Kämpfe gar nicht mehr bewusst, weil sie schon so zu unserem Leben gehören, dass wir sie für selbstverständlich ansehen. Darum sind uns oftmals all unsere kleinen ‚Siege’, unsere Erfolge, selten bewusst, wäre es anders, könnten wir ein weitaus solideres Selbst-Bewusst-Sein für uns aufbauen. So halten wir Ausschau nach großen Glückgefühlen, sichtbaren Erfolgen und all dem großen und herrlichen, tja, und übersehen dabei all die wunderschönen Kleinigkeiten, die uns das Leben so bietet. Ja, und da wir in Hinsicht auf uns selbst oftmals etwas acht-los sind, sind wir das auch oftmals mit anderen. Nur beachtlichte Leistungen werden von uns mit Beifall bedacht, kleinere Anstrengungen überziehen wir mit dem Schleie der ‚Normalität’, tja, und diese ist recht wankelmütig, diese Normalität, denn was in einer Zeit als ‚normal’ galt, muss zu anderen Zeiten keineswegs ‚normal’ sein. Doch auch wenn wir uns dessen ab und zu mal wieder bewusst wird, so lenken wir doch unsere Blicke auf das Außergewöhnliche, das Beachtliche. So auch jetzt.
Unser Blick geht nach London zu den Olympischen Sommerspielen, an sich einemTreffen der sportlichen Weltjugend, doch wir huldigen nicht einem friedlichen Treffen junger Menschen aus den verschiedensten Teilen unserer Welt, mit all ihren verschiedenen Kulturen, Gebräuchen und Sprachen und erfreuen uns an diesem bunten Treiben, nein, unser Fokus liegt auf den Siegen und auf den Siegern. Was waren unsere Medien an den ersten zwei Tagen der Olympischen Spiele voll davon, dass die deutschen Olympioniken noch keine Medaille geholt hätten, ein wahres Lamentieren war zu hören, manchmal sogar mit dem Unterton der Schadenfreude. Ist denn dabei sein nicht mehr alles?, nun, allem Anschein nach nicht. Doch wer muss denn hier mit Siegen und Medaillen zufrieden gestellt werden, das Land, die Verbände des Sports, die Sponsoren oder das breite Publikum? Denn das sich ein Sportler überhaupt für die Olympiade qualifiziert hat, nun das wäre doch beachtlich genug, doch dem ist nicht so, nur dem Sieger wird Beifall gezeugt, all die anderen verschwinden so zusagen namenlos in der Versenkung. Nun könnte man natürlich darauf verweisen, dass in der Antike auch nur der Sieger geehrt wurde, Zweiter oder Dritter zu werden galt in dieser Zeit gar nichts, doch das ist fast 2 400 Jahre her, sollten wir in dieser Zeit nicht doch etwas dazu gelernt haben? Als die Grundlage der Olympischen Spiele der Neuzeit auf Initiative von Pierre de Coubertin 1894 gelegt wurde, stand zwar der sportliche Wettkampf im Vordergrund, doch die Basis war das friedliche Treffen der Jugend dieser Welt. Dieser Gedanke wird auch mehr oder weniger pompös in Eröffnungs- beziehungsweise Abschlussveranstaltungen dargestellt, doch wird dieser Gedanke auch gelebt? Ganz bestimmt wird er erfüllend gelebt in den persönlichen Begegnungen der Sportler untereinander, doch kommt dieser Spirit auch in den eigenen Bevölkerungen an, und zwar so an, dass er die Gefühle der Menschen im Heimatland erreicht? „Der Sport ist keine heile Welt, aber eine Welt, die heilen kann“, sagte Gerhard Uhlenbruck. Ja, und Recht hatte er meiner Ansicht nach, doch wir sollten auch dieser Welt des Sports dahingehend eine Chance geben. Freuen wir uns auch über die hervorragenden Leistungen von Sportlern aus anderen Ländern, und schenken wir auch den so genannten Verlierer genug Beachtung, ob ihrer Leistung. Denn in dem Wort Beachtung versteckt sich das Wort Achtung, und diese Achtung sollte doch wohl jeder erhalten wegen seiner Leistung, ob sie nun aufs Siegertreppchen führt oder auch nicht. In einer Zeit, in der das Wort Globalisierung fast ein jeder im Munde führt, könnte es hier wahrlich zum Tragen kommen und gelebt werden. Lass uns heraustreten aus kleinstaatlichem Denken und den Medaillenspiegel der ‚eigenen’ Olympioniken etwas in den Hintergrund stellen und uns an all den Höchstleistungen der Sportler erfreuen und ihre friedliche Begegnung miteinander wohlwollend begleiten. So können wir uns am Wettkampf erfreuen und im Miteinander bereichern, im Sinne friedlicher Olympischer Spiele 2012 in London.
„Auch eine Niederlage kann großes Kino sein. Es ist hoch dramatisch, wenn man kurz vor Erreichen des großen Ziels scheitert. Aber es ist natürlich die Frage, ob die Verleiher das auch so sehen.“ Sönke Wortman
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