Der Klügere gibt (nicht) nach …

Der Klügere gibt (nicht) nach …
 
 
Sehr früh bekommen Kinder den Satz von ihren Eltern zuhören, dass der Klügere nachgibt. Das einzige daran, dass tröstend wirkt, ist, dass man in diesem Moment als der Klügere dasteht, ob man das dann auch wirklich ist, na, das steht dann auf einem anderen Blatt Papier. An sich wollen ja die Eltern, dass ihr Kind im Konfliktfall nicht gewalttätig wird, doch eine Argumentationshilfe wird dem Kind und oft auch Jugendlichen gar nicht angeboten, sondern der Rückzug, das sich Raushalten wird präferiert. So mindert sich eine Konfliktfähigkeit, die dann auch auf vielen Feldern innerhalb einer Gesellschaft zu finden ist, zum Schaden des Einzelnen und letztendlich aller. Seit Platon zählt die Klugheit zu den vier Kardinaltugenden. Kant hält sie für ein pragmatisches Wissen, zur Beförderung der eigenen Glückseligkeit, womit der Begriff eher die Bedeutung der „Verständigkeit“ annimmt, also vom Verstand geleitet. Im Gegensatz zum Wissen, richtet sich die Klugheit auf einen einzelnen konkreten Fall mit der Absicht, in ethischer Hinsicht das Gute, Zuträgliche und Angemessene zu erreichen und entsprechend zu handeln. Auf der anderen Seite grenzt sie ihre Bindung an die moralische Lebensführung von Schlauheit, Gerissenheit, Tücke und Verschlagenheit ab. Letztere arbeiten zwar mit denselben Mitteln, haben jedoch nur einen praktischen Nutzen oder einen persönlichen Vorteil zum Ziel. Daher werden sie auch als minder wertvolle Formen in der Handlungskompetenz betrachtet. Also ist die hier gemeinte Klugheit nicht wie heute meistens interpretiert, eine von Wissen geprägte Eigenschaft, deren Gegenteil die Dummheit wäre, sondern eine Tugend in sich selbst. Doch so wird das in unserer heutigen Gesellschaft selten betrachtet. Leider.
 
 
Nun gibt es für uns zwei Möglichkeiten, wir könnten uns um des Wissens um unsere Tugend in Situationen entsprechend verhalten, doch die große Frage bleibt, weiß mein Gegenüber im Konfliktfall dies auch? Schon sind wir nämlich am Anfang, als ich beklagte, dass wir selten mit dem Rüstzeug der Konfliktfähigkeit ausgestattet werden. Zum einen sollten wir uns bei Konflikten davon befreien, unser Harmoniebedürfnis als immer positiv zu betrachten und somit den Konflikt als immer negativ. Die Auseinandersetzung mit dem Gegenüber kann jeden, sowohl in seinen Kenntnissen wie auch in seinen Erfahrungen weiter bringen, denn wie wir aus der Physik wissen, Reibung erzeugt Wärme, auch dies kann zwischen Kontrahenten entstehen. Der Disput ist also per se, nicht negativ. Eine Meinungsverschiedenheit bedeutet auch nicht gleichzeitig den Sympathieverlust des Gegenübers, ja und häufig müssen wir lernen, dass es in solchen „Kämpfen“ nicht immer Sieger oder Besiegte gibt. Ja, um es auf die Spitze zu treiben, es kann im Ergebnis auch sein, dass beide Recht haben, jeder von seinem Standpunkt aus betrachtet. Solche Situationen sind gar nicht leicht auszuhalten, denn in unserer ergebnisorientierten Gesellschaft ist solch ein Patt, ein so genanntes ‚Nullsummengeschäft’. Doch menschliches Handeln unterliegt anderen Kriterien, als wirtschaftliches, dessen sollten wir uns bewusst sein, und Wertungen so weit wie möglich unterlassen, na, jedenfalls sollten wir uns darum bemühen.
 
Nun, sind natürlich die Fähigkeiten bei Meinungsverschiedenheiten vielfältig und auch zu erlernen, doch so gänzlich schützen sie uns nicht vor den wirklichen Aggressionen, die wir, je nach Temperament, vermeiden wollen, vielleicht sogar fürchten.
 

Denn auch wenn wir es selbst weit von uns weisen würden, so kann unser Gegenüber von einer ganz anderen Konflikt-Bereinigung ausgehen und unsere Art uns Weise des Umgangs mit Unterschieden als schwach empfinden. Dass es eine solche Geisteshaltung gibt, nun das können wir (leider) häufiger hören, lesen und erfahren, als es uns lieb ist. Wie man mit solchen Angriffsgelüsten umgehen soll, nun das ist dann doch sehr situationsbedingt und so gar nicht einfach zu beantworten. Hier stehen uns aber doch einige Handlungsweisen zur Verfügung: wir können dem Angriff entschieden entgegentreten, wir können versuchen deeskalierend einzuwirken, aber man kann sich auch klugerweise der Situation entziehen oder sich schlimmstenfalls Schutz suchen, beziehungsweise holen. Alles Szenarien, die nicht gern gelebt werden möchten, doch sich darüber mal Gedanken gemacht zu haben, hat auch etwas Gutes, vielleicht braucht man ja doch einmal sein eigenes Gedankenergebnis.
 
Konfliktfähigkeit macht einen stärker, sich seiner selbst weitaus bewusster. Dies tragen wir auch mit unserer Ausstrahlung nach außen und so können wir mutig auftreten, können uns in Zivilcourage üben und unsere Werte und Überzeugungen nach draußen tragen. All das müssen wir auch gar nicht allein machen, denn im Miteinander sind wir stärker und können uns gegenseitig stärken. 
 
„Der Kluge lernt nach dem ersten Fehler, der Dumme nach dem x-ten Fehler, der Weise lernt nie aus.“ Chinesisches Sprichwort
 
Bild 1: Eule – Quelle: kunstnet.de · Bild 2: Konflikt – Quelle marionlichti.de · Bild 3: Pferd des Lichts – Quelle: sonika-arts.de

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