Unsere Esskultur ☯ zwischen Ernährung und Genuss

Unsere Esskultur ☯  zwischen Ernährung und Genuss

 

Da begleitet uns morgens der Coffee-To-Go, wohin auch immer es geht; dann noch vielleicht ein Croissant oder Muffin, so auf die Schnelle und das alles möglichst in Bewegung, womit auch immer. Wenn wir dann auch noch per Headset erreichbar sind, nun dann sind wir völlig im morgendlichen Mainstream. Dagegen wirkt der Nachbar, der morgens zu hause gefrühstückt hat, schon recht spießig, ja, oftmals von gestern. Dann mittags geht’s zum Imbiss, wenn keine Kantine in Reichweite ist und am Abend wird dann schnell irgend etwas in die Mikrowelle oder in den Backofen geschoben. Um aber diese vielleicht überzogene Darstellung zu vollenden,  fehlt da natürlich noch die Tüte Chips vor dem Fernseher am späteren Abend. Tja, und das in Zeiten, in denen Kochshows jeglicher Art auf den verschiedensten Kanälen via Bildschirm ins Haus flattern. Doch nicht nur die Kochsendungen boomen, nein, auch entsprechende Literatur gibt es regalweise auf dem Markt und fast jede ‚Frauenillustrierte’, die etwas auf sich hält, stellt die leckersten Rezepte dar; aber nicht nur die, denn an den Kassen mancher Supermärkte kann Mann oder Frau auch entsprechende Kochzeitungen kaufen. Sieht man sich dieses mediale Über-Angebot an, na, dann könnte man davon ausgehen, dass hier in unserem Lande sich die Hobbyköche nur so tummeln und der Gaumengenuss zur Tagesordnung gehört. Doch wie ist das denn nun im Alltag so? Welchen Stellenwert hat Ernährung wirklich? Nun will ich hier nicht auf die Ernährung als solches eingehen, dafür gibt es Spezialisten. Doch auch diese sind sich nicht immer einig, da heißt es einmal, man soll Butter meiden, dann wieder nicht, dann soll man viele Kohlehydrate essen, dann wieder nicht und so entstehen bei uns viele Verwirrungen um die wirkliche ‚gesunde’ Ernährung.

Letztendlich muss das jeder für sich selbst entscheiden, was auf der einen Seite schwierig ist, andererseits, isst man abwechslungsreich und nicht im Übermaß, nun, dann denke ich, ist man auf der halbwegs sicheren Seite.

 „Wenn alle Künste untergeh’n, die holde Kochkunst bleibt bestehen.“

George Meredith

Diesem Zitat des englischen Dichters scheinen die Programmmacher von Fernsehsendungen doch eher zu misstrauen, denn wie schon erwähnt, Kochsendungen gibt es in allen Variationen auf den verschiedensten Sendern. Auch die Einschaltquoten scheinen für diese Sendungen passabel zu sein, denn sonst würden diese Formate schneller vom Bildschirm verschwinden, als man hingeschaut hat. Doch wenn man sich manch schier endlosen Reihen von Fertigprodukten in Supermärkten anschaut, und man auch noch einen Blick in die Einkaufwagen anderer Kunden wirft, nun, dann kann man nicht unbedingt von aufwendigen Kochvorgängen schließen. Dies ist aber nicht etwa ein neues Phänomen, nein, ich kann mich erinnern, dass eine Büchse Ravioli, oder ähnliches, Schüler von mir nach der Schule erwartete und das auch schon vor mehr als zwei Jahrzehnten. In vielen Jahrzehnten hat sich eine Kochkultur entwickelt, die innerhalb der Familien weitergegeben wurden. Zwar änderten sich immer wieder viele Zubereitungsarten und auch Zutaten, der Zeit und Region entsprechend, doch war das Kochen immer eine zentrale Angelegenheit innerhalb der Familien. Auch war und ist das Kochen ein äußerst kreativer Akt, denn auch das ‚komponieren’ einfachster Speisen kann über die Tätigkeit des Kochens hinaus, eine wirkliche Freude sein. Ob das Essen bei Oma, Opa, Mutter, Onkel oder Tante immer als Kochkunst erlebt wurde, nun, das war nie entscheidend, es hatte seinen eigenen Geschmack und Geruch, an den man sich noch Jahrzehnte später erinnern konnte. So war Essen nicht nur ein Akt der Ernährung oder des Sattwerdens, nein es war weitaus mehr.

„Allein zu essen ist für einen philosophierenden Gelehrten ungesund.“

Immanuel Kant

Nun ich denke, dass das nicht nur für einen Philosophen wenig erfreulich ist, allein zu essen, dass geht auch allen anderen Menschen so, auch wenn sie weitaus profanere Gedanken mit sich herumtragen. Gemeinsam essen, eine familiäre Esskultur zu haben oder diese zu entwickeln ist für das Wohlgefühl aller Beteiligten, ob Groß oder Klein, ganz entscheidend. Diese gemeinsam an einem Tisch sitzen, zu reden, zu lachen und zu essen ergibt ein Zuhausegefühl. Dazu gehört kein Drei-Gänge-Menü der Spitzenklasse, nein, eine gut zubereitete ‚Hausmannskost’ ist für ein solches Miteinander völlig ausreichend. Auch wenn der Alltag hektischer geworden ist und die Anforderungen an jeden weit reichender geworden sind, so ist es ganz besonders wichtig einige Rituale aufrecht zu erhalten, denn sie fördern ein Wir-Gefühl, tja und dies benötigen wir doch sehr. Nun, bestimmt lässt es sich organisieren, mindestens einmal am Tag bei einander zu sitzen, vielleicht auch ohne dabei fernzusehen um sich auf einander einzulassen, denn auch so nähren wir uns, zwar füllt dies nicht unbedingt unsere Bäuche, doch es nährt unsere Seelen. Essen ist also mehr, als nur den ‚Tempel des eigenen Körpers’ zu huldigen, es ist ein Rundumgenuß, den wir uns nicht entgehen lassen sollten. Setzen wir uns also an den Tisch und wünschen uns „Guten Appetit“.

Bild 1: Coffee to go – Quelle: wnadaufkleber.com · Bild 2: Zutaten – Quelle: sandro-scherf.de · Bild 3: Pictogramm Kochen – Quelle: fotosearch.com · Bild 4: Pictogramm Essen – Quelle: seenby.de

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