Franz Herbert Kaufmann wurde am 5. Januar 1886 in Berlin geboren und wurde am 17. Februar 1944 im KZ Sachsenhausen, Oranienburg ermordet. Er war ein Jurist, Oberregierungsrat, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und Retter vieler jüdischer Mitbürger. Die jüdischen Eltern erzogen ihre drei Söhne stark national und evangelisch und ließen sie später auch taufen. Nach einem erfolgreichen Jurastudium und der Promotion war Kaufmann zunächst von 1919 bis 1922 als Magistratsassessor, dann Magistratsrat und schließlich Obermagistratsrat beim Magistrat und späteren Bezirksamt von Berlin-Charlottenburg tätig. Hiernach wurde er als Kommunalfinanzreferent in das Innenministerium Preußens berufen, später trat er dann in das Reichsfinanzministerium ein. Er war dort sechs Jahre Referent für Fragen des Finanzausgleichs. In dieser Zeit heiratete er zum ersten Mal. 1927 wurde er zum Oberregierungsrat befördert. Im August 1928 erfolgte eine Versetzung zum Reichssparkommissar. Er wurde dort als Generalreferent mit der Prüfung der württembergischen Landesverwaltung befasst und war damit der Redakteur des „Gutachtens des Reichssparkommissars über die Verwaltung des Landes Württemberg“.
In der dann beginnender Zeit des Nationalsozialismus galten er und seine Familie als „Volljuden“. Franz´ Bruder, Erich Kaufmann, bedeutender Jurist und Professor, emigrierte in die Niederlande. Franz Kaufmann selbst war durch die Ehe mit Margot von Walther und die Geburt einer Tochter zunächst noch geschützt („privilegierte Mischehe“). Am 31.12.1935 erfolgte seine Zwangspensionierung aus „rassischen“ Gründen. Da er nie in eine tiefe Verbindung zum Judentum hatte, entschloss er sich nach dem Zwangsruhestand Theologie an der Berliner Universität zu studieren. Franz Kaufmann setzte sich mit religiösen, philosophischen und soziologischen Fragen auseinander, suchte nach neuen Wegen der Umsetzung des Glaubens in die Praxis. Er war Mitglied der „Dogmatischen Arbeitsgemeinschaft“ von Pastor Helmut Gollwitzer in Berlin-Dahlem und mehrerer Haus-Bibel-Kreise. 1941/42 nahm er an einem Kursus zur Ordination von Laienpredigern teil. Er stand mit mehreren Pfarrern der Bekennenden Kirche in enger Verbindung. Als die Deportationen jüdischer Menschen1940/41 begannen, rief Kaufmann zur Hilfe auf: „Wo ist unsere Gemeinschaft im Glauben, wenn wir die Gefahr der Verfolgten nicht mit ihnen teilen? Sollen wir weiterleben, als wenn nichts geschehen wäre?“ Als dann die Deportationen zur Regel wurden, sagte er: „Nun müssen wir wenigstens so viele wie möglich vor dem sicheren Tode zurückhalten und irgendwo verbergen. Es gilt Menschenleben zu retten. Jedes Mittel ist recht!“ Die Helferinnen und Helfer, die Kaufmann unterstützten, sammelten Lebensmittelmarken, Ausweise, vermittelten denen Quartiere, die sich der Deportation entzogen. Mit gefälschten Papieren nahmen diese eine neue Identität an, tauchten unter und versuchten so zu überleben. Nur wenige Menschen kamen während des beginnenden Holocausts bis dahin dazu, mit illegalen Mitteln, Juden zu retten. In einer Arbeitsgemeinschaft in der Dahlemer Bekenntnisgemeinde forderte 1941 Franz Kaufmann die Teilnehmer auf, gemeinsam soviel jüdische Menschen wie möglich den Mördern zu entreißen: „Wo ist unsere Gemeinschaft im Glauben, wenn wir die Gefahr der Verfolgten nicht mit ihnen teilen?“ Kaufmann konnte nicht mehr ertragen, dass in den Dahlemer Gottesdiensten und Bibelkreisen zwar die Gemeinschaft zwischen „Ariern“ und „Nichtariern“ täglich bezeugt, aber nur so lange praktiziert wurde, bis die SS die „Nichtarier“ abholte zur Deportation. Ihm kam es darauf an, einzelne vor dem Tod in den Vernichtungslagern zu retten. Schwieriger wurde es für ihn, denn ab 1942 musste Franz Kaufmann Zwangsarbeit in der Firma . F. Kranefeld leisten, er der Volljude. Die von ihm initiierte Hilfe beschränkte sich danach auch nicht mehr nur auf die zur Kirche gehörenden Juden, sondern umfasste einen großen Umkreis.
„Wichtig war es vor allem, möglichst für jeden Versteckten einen mit seinem Bild versehenen Personalausweis zu beschaffen. Es gelang, aus dem Kreis der Schutzbefohlenen einen jungen Grafiker aufzufinden, der die Stempel täuschend ähnlich auf den ausgewechselten Bildern nachzog. Zahlreiche hilfsbereite Menschen gaben für diesen Zweck ihre Kennkarte, ihren Personalausweis, ihren Wehrpass, ihr Arbeitsbuch, ihren Mutterkreuzausweis oder andere Dokumente her… Aber der Kreis von Personen, die ihre Ausweise aus reiner Hilfsbereitschaft zur Verfügung stellten, war naturgemäß sehr beschränkt. Kaufmann sah sich daher genötigt, auch mit Menschen in Verbindung zu treten, die ihre Ausweise für diesen Zweck verkauften. Die versteckt Lebenden mussten auch mit Lebensmitteln versorgt werden. In einigen Gemeinden und unter gleich gesinnten Freunden wurden auf’s eifrigste Lebensmittelkarten hierfür gesammelt. … Dennoch konnte der Bedarf auf diese Weise nicht befriedigt werden. … Um die regelmäßige Versorgung sicherzustellen, nahm Kaufmann schließlich Verbindungen zu Unterweltskreisen auf, die gegen Bezahlung Lebensmittelkarten verschafften. Zum Teil stammten sie aus Diebstählen bei Kartenstellen.“
Helene Jacobs, eine Helferin Kaufmanns in einem Bericht von1947
Durch eine Denunziation verhaftete die Gestapo Kaufmann und einige seiner Helfer (z.B. Helene Jacobs). Viele derer, denen geholfen worden war, gerieten nun erneut in die Fänge der Gestapo, wurden deportiert und ermordet.
19.8.1943 Verhaftung, Verhöre, Folter in der Gestapo-Haft in der Grosse Hamburger Strasse. Am 10.11.1944 erfolgte ein Prozess gegen einige Helfer Kaufmanns vor einem Sondergericht, Kaufmann selbst war als Jude rechtlos und erhielt somit nicht die ‚Ehre’ verurteilt zu werden.
Direkt aus den Händen der Gestapo kam er in das Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin.
Am 17.2.1944 wurde Franz Kaufmann erschossen.
Foto 1: Dr. Franz Kaufmann – Quelle: gdw-berlin.de · Foto 2: Dorfkirche Dahlem – Quelle: evangelischer-widerstand.de · Foto 3: KZ Sachsenhausen Eingangstor – Quelle: fotocommunity.de
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