Josef Wirmer

Josef Wirmer

Josef Wirmer sah sich als Feind Hitlers, von Anfang an …

„Denn nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein.“ Kurt Tucholsky

Josef Wirmer wurde am 19. März 1901 in Paderborn geboren, doch verbrachte er seine Jugend überwiegend in Warburg, wo sein Vater ab 1909 Gymnasialdirektor war. Hier machte Josef, zweiter von fünf Geschwistern, 1920 mit Auszeichnung sein Abitur.
Doch bereits in seiner Schulzeit streifte er das streng konservative Korsett seines Elternhauses ab, ohne aber deren religiösen Werte in Frage zustellen. Zeitlebens blieb Josef Wirmer ein gläubiger Katholik, aber auch überzeugter Demokrat. In seiner Studienzeit in Freiburg und Berlin erhielt er den Beinamen der ‚rote Wirmer’, der ihn auch in seiner beruflichen Karriere oftmals begleitete. 1927 ließ er sich als Rechanwalt in Berlin nieder, über das Rechtsbewusstsein von Josef Wirmer schreibt sein Bruder Otto: „Seine Unabhängigkeit glaubte er am wenigsten als Rechtsanwalt einzubüßen. Dabei war ihm in seiner Tätigkeit das starre Regel- oder Gesetzesdenken ein Gräuel, das seiner menschlichen Verantwortlichkeit nicht entsprach.“ Nachdem er sich etabliert hatte, schloss er sich politisch der Zentrumspartei an und gehörte dort dem linken Flügel an, der immer eine koalitionäre Zusammenarbeit mit der SPD und den Gewerkschaften wünschte. In seiner Partei blieb er immer ein freier Geist, dies begründete sich in der tiefen Gegnerschaft zu den Nationalsozialisten, nachdem ersten öffentlichen Auftritt Hitlers in Berlin. Josef Wirmer sah in Hitler von Anfang an den ‚Antichristen’, denn er hielt die Moral, das Christentum und die Kultur Deutschlands durch diesen bedroht. Mit all seinen Kräften als politischer Mensch, Rechtsanwalt, aber auch Vater und Ehemann sah er sich als Feind Hitlers. Diese Gegnerschaft lebte er ungebrochen bis zu seiner Hinrichtung. Auch dem Reichskonkordat zwischen der katholischen Kirche und dem nationalsozialistischem Regime stand er ablehnend gegenüber. Früh wurde sein Haus in Berlin-Lichterfelde zum Treffpunkt des Widerstands. In seiner Rechtsanwaltpraxis setzte er sich nun nach 1933 verstärkt für politisch und rassisch Verfolgte ein. So kam er als engagierter Gegner der Nationalsozialisten 1936 in Kontakt zu dem Widerstandskreis um den Gewerkschafter Jakob Kaiser, der an dem Programm für den Wiederaufbau eines demokratischen Gewerkschafts- und Gemeinwesenwesens. Drei Hauptmotive trieben Josef Wirmer zum aktiven Widerstand: die Empörung über die Pervertierung von Recht und Justiz, besonders erkennbar an den Verbrechen, gegen die jüdischen Mitbürger, der Wille zur Wiederherhellung des Rechts und der Bestrafung der Schuldigen, für die er dann die detaillierten Pläne entworfen hat. Durch Jakob Kaiser kam es zur Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Leipziger Bürgermeister Carl-Friedrich Goerdeler, der Wirmer, nach einem geglückten Attentat auf Hitler, zum Justizminister machen wollte.



Gegen das formelle Gesetz einer Gewaltherrschaft zu verstoßen erschien ihm deshalb auf höherer Ebene die Erfüllung des Rechts zu sein, dem er Zeit seines Lebens diente. Ethische Bedenken hatte er dadurch nicht, wie es aus Gesprächen und Briefen, unter anderem mit Dietrich Bonhoeffer zu entnehmen ist. Josef Wirmer befürwortete ein Attentat auf Hitler daher aus tiefster Überzeugung. Wie bekannt misslang das Attentat im Juli 1944 und weite Teile des Widerstands wurden verhaftet. So auch Josef Wirmer, von dessen Schauprozess es nicht nur Protokolle gibt, sondern auch Filmaufnahmen. In seiner Vernehmung vor dem Vorsitzendem des Volksgerichtshof, Roland Freisler, sagte er: „Ich bin […] tief religiös und aus meiner religiösen Anschauung heraus zu dieser Verschwörerclique gekommen.“ Darauf Freisler: „Joseph Wirmer, ja Sie gehören zur schwarzen Fraktion, ja, das sieht man Ihnen an, das kann ja nicht anders sein. Ist ja ulkig. Wie wichtig wohl das Amt als Zivilanwalt gewesen sein muss, das Sie da gehabt haben, dass Sie nicht einmal Soldat geworden sind in dem Alter. Und von da ab sind Sie dienstverpflichtet worden, spricht ja auch für Ihre Haltung, dass Sie erst warten, bis man Sie dienstverpflichtet. Feines Früchtchen!“  Als Wirmer etwas erwidern wollte unterbrach ihn Freisler brüllend: „Ja, ja, ja, feines Früchtchen!“ Wirmer blieb aufrecht, zeigte sich ungebrochen und sagte zu Freisler: „Wenn ich hänge, habe nicht ich Angst, sondern Sie!“ Als Freisler dem entgegnete, Wirmer werde bald zur Hölle fahren, antwortete er: „Es wird mir ein Vergnügen sein, wenn Sie bald nachkommen, Herr Präsident.“Am 8. September 1944 wurde Josef Wirmer vom Volksgerichtshof unter Freislers Vorsitz  zum Tode verurteilt, noch am selben Tag wurde er im Hinrichtungsschuppen von Plötzensee ermordet. 

In der Nähe der Hinrichtungsstätte Plötzensee wurde 1962 die Wirmerzeile nach ihm benannt. An seinem Wohnhaus Holbeinstraße 56 in Berlin-Lichterfelde wurde 1988 eine Gedenktafel zu Ehren von Josef Wirmer angebracht.

Bild 1: Josef Wirmer – Quelle: harald-oberhem.net · Bild 2: Wirmer vor dem Volksgerichtshof – Quelle: freiheitskrieg.com 

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