Heute stelle ich exemplarisch, für viele besuchenswerte Friedhöfe, den jüdischen Friedhof in Wertheim am Main vor, über den und andere im Main-Tauber-Kreis, es am Sonntag, den 4. September eine Fotoausstellung gibt.
„Einer der fundamentalsten israelitischen Glaubensgrundsätze, die Unantastbarkeit der Totenruhe, führte dazu, dass Gräber und Grabmale über Jahrhunderte erhalten bleiben, dass die jüdischen Friedhöfe über Generationen hinweg „wachsen“, während auf anderen Friedhöfen immer wieder – nach Ablauf von Ruhefristen – einzelne Gräber oder ganze Grabfelder geräumt werden …“ aus:Alfred Udo Theobald: Der jüdische Friedhof
Ein jüdischer Friedhof auf Hebräisch בית-עלמין bzw. בית-עולם übersetzt Haus der Ewigkeit oder Haus der Gräber ist ein Friedhof mit Besonderheiten, die sich aus den Gesetzen des Judentums ergeben.
So ist die Erdbestattung üblich, die dauerhafte Totenruhe gilt als unantastbar und Besucher legen statt Blumen in der Regel kleine Steine auf das Grab. Mit Bezug zu seinem lebensbejahenden Charakter und der Messias-Erwartung wird der jüdische Friedhof auch nach einem jiddischen Ausdruck, manchmal auch Guter Ort genannt.
Die frühen jüdischen Friedhöfe lagen – wie andere Friedhöfe nach dem Mittelalter auch – außerhalb der Stadt. Diese Lage lässt sich mit der Weisung erklären, dass sich die Lebenden nicht mit den Toten innerhalb der Stadtmauern aufhalten dürfen. Oft befand er sich allerdings an Orten, die von den übrigen Menschen gemieden wurden. Während die Aschkenasim (deutschstämmige und osteuropäische Juden) aufrechte Steine an ihre Gräber stellten, bestatteten die Sephardim (portugiesische und spanische Juden) ihre Toten unter flachliegenden Grabplatten oder Zeltgräbern. In Mittel- und Osteuropa sind überwiegend aschkenasische Bestattungsarten verbreitet. Vereinzelt finden sich dort auch jüdische Friedhöfe, die außer einem aschkenasischen Teil auch einen sephardischen Teil beinhalten. Anfangs wurden die Toten nach Jerusalem ausgerichtet, diese Tradition wird seit dem 18. Jahrhundert nicht mehr durchgesetzt.
Insbesondere wurden die Grabsteine (Mazevot) ab der Zeit der Haskala nicht nur in hebräischer Sprache beschriftet, sondern auch in der jeweiligen Landessprache. Letzteres geschah in der Regel auf der Rückseite des Grabsteins. Eine weitere Besonderheit bestand darin, dass auf der hebräisch beschrifteten Seite des Grabsteins nicht nur der Name des Toten selbst genannt wurde, sondern auch der Name seines Vaters. Dies stellt heute für die genealogische Forschung einen unschätzbaren Wert dar. In der Zeit der Haskala wurden in Anlehnung an die christliche Tradition Familiengräber mit aufwändiger gestalteten Grabsteinen und sogar Mausoleen für Familien errichtet.
Die Haskala steht für Bildung und Aufklärung. Sie bezeichnet insbesondere die jüdische, von Berlin ausgehende Bewegung der Aufklärung zwischen 1770 und 1880.
Ihr Hauptvertreter war der bekannte Philosoph Moses Mendelssohn.
Wertheim am Main ist die nördlichste Stadt in Baden-Württemberg und wurde wahrscheinlich im 7/8. Jahrhundert gegründet. Im 12. Jahrhundert wurde von dem Grafen zu Wertheim eine Burg erbaut, die noch heute zu den besterhaltenen Burganlagen zählt. Eine wechselvolle Geschichte, die auch recht eng mit ihren jüdischen Mitbürgern verknüpft war. Der jüdische Friedhof in Wertheim am Main weist daher einige Besonderheiten auf:
Der jüdische Friedhof in Wertheim gilt als einer der ältesten Friedhöfe in Baden-Württemberg. Gegründet wurde er 1406, doch in einer Eingabe der Juden Wertheims von 1529 steht, dass es briefliche Dokumente gibt, die bestätigen, dass dort Vorfahren bereits vor 600 !!! Jahren beerdigt wurden. Einen älteren Friedhof, verbunden mit einer Synagoge, gab es damals im Römischen Reich nicht.
Der Wertheimer Friedhof liegt am Schlossberg und ist ca. 76 ha groß, weißt heute noch 76 Grabsteine auf, die älteste Inschrift, die heute zu lesen ist, stammt aus dem Jahre 1405.
Einige Steine sind somit älter als Steine auf dem Jüdischen Friedhof in Prag.
Die Ausstellung der Fotos über die Friedhöfe im Main-Tauber-Kreis ist vom 4.September bis zum 9.Oktober 2011 im Grafschaftsmuseum zu sehen.
Die hier gezeigten Fotos wurden mir genehmigt von Hr. W. Hoernig.
In der Begegnung mit der Geschichte ist ein Spaziergang auf einem Friedhof oft ein nachdenklicher und besinnlicher Weg, der oftmals weit zurückreicht und doch wieder bei einem selbst landet.
Hinweis: Es wird darum gebeten, dass Männer bei einem Besuch eines jüdischen Friedhofs einen Hut oder eine Kipa tragen, danke.
Foto Grabstein Moses Mendelson Quelle: http://friedhof-ansichten.de/index.php?s=moses+
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