Vertrauen ist gut, Kontrolle ist …

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist …

 

Vertrauen hat in uns selbst einen recht guten Stellenwert und Menschen die anderen per se vertrauen, sind nicht von vornherein leichtgläubig oder unkritisch, doch werden sie oft als so genannt ‚blauäugig’ bezeichnet. Der misstrauische Mensch handelt dann eher nach dem Motto der Überschrift ‚Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser’. Doch allem und jedem misstrauisch entgegenzutreten ist vielleicht auch ein Verlust an Offenheit in sich selbst. Hier scheint eine gute Balance der richtige Weg zu sein, doch wie findet ein jeder diesen Weg für sich selbst, für seine Umgebung oder für gesellschaftliche Zusammenhänge? Wenn wir ganz klein sind, so leben wir in einer überschaubaren Welt des Urvertrauens, denn wir benötigen eine Rundumversorgung. In Hinsicht auf unsere engsten Betreuungspersonen, meistens sind es die Eltern, behalten wir dies Urvertrauen meist ein Leben lang, auch wenn es nicht mehr ganz unkritisch gesehen wird. In der weiteren Umgebung unserer Entwicklung lernen wir dann zu differenzieren, wem wir unser Vertrauen schenken und wem nicht. Wir lernen also, Schritt für Schritt, wie vertrauensvoll wir sein können oder wo und wann eher Misstrauen angebracht ist.

„Das Vertrauen erhebt die Seele.“ Jean-Jacques Rousseau

 

Im Erwachsenenleben ist es mit dem Vertrauen weitaus komplizierter, denn nun bezieht sich dies nicht mehr nur auf unsere Umgebung und einzelne Menschen, sondern auf komplexe Sachverhalte. Da wir nicht auf allen Gebieten Fachleute sein können und um die Richtigkeit im Einzelnen zu überprüfen, so bleibt uns unsere Erfahrung, Erkenntnis, Intuition oder aber unser Vertrauen. So müssen wir mehr oder weniger der Rechtstaatlichkeit vertrauen, auch wenn wir im Laufe unseres Lebens erkennen müssen, das Rechtsempfinden mit justiziablen Recht nicht immer im Einklang ist; wir müssen zum Beispiel der Lebensmittelindustrie vertrauen, dass wir das bekommen an Waren, das wir auch kaufen und keinem Schwindel auferlegen. Wir müssen den Lenkern von Institutionen mehr oder weniger Vertrauen, dass sie ihre Aufgaben zum Wohl der Menschen erledigen. Wir vertrauen Ärzten, Anwälten, Therapeuten und vielen, vielen anderen, tagtäglich. In der Politikwissenschaft ist vor allem das als Institutionenvertrauen bezeichnete Vertrauen der Bevölkerung in die Fähigkeit von Institutionen, Kontrolle über Ressourcen, Handlungen und Ereignisse im Sinne der Bevölkerung auszuüben, wichtig. Ganze Bereiche unseres Lebens beruht auf Vertrauen, das ist im Grunde genommen auch gar nicht zu kritisieren, wenn, ja, wenn diese Grundfesten des Vertrauens nicht häufig erschüttert werden, dann wird uns ein Teil unseres Vertrauens genommen und das hat nicht nur für den einzelnen ungute Folgen, nein, diese Folgen ziehen sich durch die ganze Gesellschaft.

„Grenzen meines Körpers sind Grenzen meines Ichs. Die Hautoberfläche schließt mich ab gegen die fremde Welt: auf ihr darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will.“  Jean Améry

Folgen von Enttäuschungen sind auf gesellschaftlicher Ebene unter anderem auch Politikverdrossenheit und für viele Menschen der Rückzug ins Private, weil die immer komplizierteren Zusammenhänge in der Wirtschaft und Politik und deren Verläufe dem ‚gesunden’ Menschenverstand häufig widersprechen oder mit der gelebten Wirklichkeit wenig zu tun haben. So verbreitet sich Misstrauen. Dieses Misstrauen kann für die Gesellschaft wie ein schleichendes Gift wirken, denn an irgendeinem Punkt bricht es sich Bahn und solche Wellen verheißen selten Gutes für das gesellschaftliche Zusammenleben. Hat ein solches Misstrauen in uns selbst erst einen zu großen Stellenwert erreicht, dass es auch auf die Menschen in unserer Umgebung trifft, dann entsteht sowohl bei uns selbst, wie auch in unserer Umgebung dies schleichende Gift zu wirken. Uns gelingt es dann nicht mehr mit aller Offenheit auf andere zu zugehen und wir bauen Mauern um uns herum, die schwer einzureißen sind. Dies kann dann so weit gehen, dass auch unser Vertrauen in uns selbst immer geringer wird. Doch mit immer geringerem Selbstvertrauen können wir die scharfen Klippen des Lebens nicht gut umschiffen, deshalb sollte unser Misstrauenspotential in uns selbst nie überhand nehmen.

„Das Misstrauen gegen den Geist ist Misstrauen gegen den Menschen selbst – ist Mangel an Selbstvertrauen.“  Heinrich Mann

Stärken wir unser Vertrauen, unsere Intuition, für uns selbst. Hören wir genau zu, schauen wir genau hin und gehen wir mit einem guten Maß von konstruktiver Kritik an die Dinge unserer Umgebung. Natürlich werden wir Enttäuschungen erleben, natürlich wird unser Vertrauen auch missbraucht, doch immer nur in dem Maße, in dem wir es auch zulassen. Lernen wir aus diesen misslichen Begegnungen, ziehen wir unsere Schlüsse aber hüten wir uns vor Verallgemeinerungen und behalten wir unser Vertrauen denn es wird immer einen geben, der es wert ist und es wäre doch mehr als schade, wenn wir achtlos an solch einen Menschen vorbei gingen. Stärken wir unser Selbst-Vertrauen und es wird Wirkung zeigen, über uns selbst hinaus.

„Sobald du dir vertraust, sobald weißt du zu leben.“  Johann Wolfgang von Goethe

 

Foto: Vertrauen – Quelle: view-stern.de · Bild1: Egon Schiele ‚Vertrauen – Quelle: sebjo.de · Bild2: ‚Das Vertrauen‘ – Quelle brill-art.de

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