Lotti Huber

Lotti Huber

Lotti Huber • Eine „unwürdige Greisin“ wurde sie genannt …

„Für einen reizvollen Abend kommt es nicht so sehr darauf an, was sich auf den Tellern, sondern wer sich auf den Stühlen befindet.“ L. Huber

Lotti Huber, geborene Charlotte Goldmann wurde am 16. Oktober 1912 in Kiel geboren und verstarb am 31. Mai 1998 in Berlin. Sie war ein Schauspielerin, Sängerin, Tänzerin und eine avantgardistische Künstlerin. Charlotte Goldmann wurde 1912 als Tochter großbürgerlicher jüdischer Eltern in Kiel geboren. Sie wuchs mit zwei Brüdern auf. Walter war zwei Jahre älter und Kurt, der sich später Ruwen Golan nannte, drei Jahre jünger. Früh interessierte sie sich für Tanz und Theater und nahm entsprechenden Unterricht. Mit ihrer Jugendliebe Hillert Lueken, dem Sohn des ehemaligen Kieler Oberbürgermeisters Emil Lueken, ging sie nach Berlin und lebte dort mit ihm zusammen. Da Lotti Jüdin war, wurde Hillert Lueken 1937 von den Nationalsozialisten wegen ‚Rassenschande’ verhaftet und ermordet. Sie selbst wurde in das Konzentrationslager Moringen und nach dessen Auflösung ins Konzentrationslager Lichtenburg deportiert. Durch das Engagement ihres Bruders Kurt wurde sie 1938 von einer US-amerikanischen Organisation freigekauft. Sie ging über die Schweiz und Italien nach Haifa in Palästina ins Exil. Sie studierte Tanz und Pantomime, denn berühmte Tänzerinnen der 20er Jahre wie Isadora Duncan und Mary Wigman waren ihre Vorbilder. Es folgten Stationen in Ägypten, London und Zypern, wo Lotti mit ihrem ersten Mann, einem britischen Offizier, ein Hotel führte und als Nachtklubtänzerin arbeitete. Nach der Scheidung lernte sie den britischen Colonel Norman Huber kennen und schloss mit ihm eine zweite Ehe. 1965 wurde ihr Mann in die Bundesrepublik Deutschland versetzt, und Lotti Huber kehrte mit ihm zurück. Das Ehepaar ließ sich in Berlin nieder. Nach dem Tod ihres Mannes musste sich Huber mit Gelegenheitsjobs durchschlagen. So übersetzte sie Liebesromane aus dem Englischen, eröffnete in ihrer Wohnung eine Benimmschule, verkaufte in Warenhäusern Kräuterlikör oder arbeitete als Filmstatistin. Der Durchbruch kam spät. Anfang der 80er Jahre arbeitete sie mit dem Regisseur Rosa von Praunheim zusammen. Anita und Affengeil – eine Reise durch Lottis Leben machte sie bekannt. Für Praunheims Film Anita – Tänze des Lasters von 1988 über die Nackttänzerin Anita Berber schrieb sie das Drehbuch. Durch die Filme Praunheims bekannt geworden, trat Huber bis zu ihrem Tod mit Soloprogrammen auf, die biografische Erzählungen, Tanz, Kabarett und Chanson miteinander verbanden.


Daneben hatte sie bis zu ihrem Tod einige Jahre einen regelmäßigen Auftritt in der Sendung Holgers Waschsalon im Fernsehprogramm des Hessischen Rundfunks. Sie galt als Star des Berliner Undergrounds und hatte eine große Fangemeinde vor allem in der schwul-lesbischen Szene. Obendrein arbeitete Lotti Huber als Schriftstellerin. „Die Zitrone hat noch viel Saft“ beschreibt nicht nur eines ihrer Werke, sondern sie beschreibt auch sich selbst. Soloprogramme, Tanz und Kabarett füllten den Terminkalender der Diva. Sie wollte vor allem immer nur eines: authentisch und echt sein. Sie zwinge sich nicht, froh zu sein, sagte sie einmal, sie lebe das aus, was sie empfinde. Ihre Ideen entstünden auf dem Klo, inspiriert worden sei sie auch von Beate Uhse. Wenn andere Menschen behaupteten, sie, ihre Auftritte und Äußerungen seien unerhört: Ihr sei das egal. Aber es gab auch eine ernsthafte Lotti Huber, die für Hermann Hesse schwärmte und für Shakespeare, die Gedichte schrieb und über das Leben sinnierte. Immer mit einem gewissen Quäntchen Selbstbewusstsein: „Ich finde mich wunderbar“, sagte sie. Dabei gab sie auch zu, sich gerne mit Menschen zu umgeben und Menschen zu suchen, die sie verstünden. Ihr zweites autobiographische Werk mit dem Titel „Drei Schritte vor und kein Zurück“ erschien kurz vor ihrem Tod. “Da gebe ich noch einmal meinen Senf ab,“ hatte die Schauspielerin mit dem losen Mundwerk angekündigt. Am 31. Mai 1998 verstarb Lotti Huber und wurde  auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße in Berlin neben ihrem Mann Norman Edwin Huber beigesetzt.

Die unbändige Kraft, dieser kleinen Frau mit Duttfrisur, gibt dem Alter eine neue Facette wenn sie sagte:

„Ich bin nicht die alte, weise Frau, die erhaben über dem Leben steht. Ich riskiere, ich fordere heraus, ich will mittendrin stehen. Ja, das Leben ist für mich eine großartige Reise – und ganz bestimmt kein Wartesaal. Jede Zeit ist meine Zeit.“

Wir sind vital und wild und klug und schön und sexy, voller Glut.
Wir rasseln mit den Knochen bis zum Schluss.
Das Leben heißt für uns – Genuss.
Unsere Leichen leben noch …

Lotti Huber

Bild 1: Lotti Huber – Quelle: wordpress.com · Bild 2: Szenenbild m. Lotti Huber – Quelle: Sueddeutsche.de

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