Hier beginnt die perverse ‚maschinelle’ Menschenvernichtung
Das Vernichtungslager Chełmno wurde ausschließlich zwischen Dezember 1941 und März 1943 als Vernichtungsstätte benutzt. Die Vernichtungsstätte wurde im Dorf Kulmhof (Chełmno) in einem unbewohnten Gutshaus nebst Park und Kornspeicher sowie Teile einer angrenzenden Gärtnerei untergebracht, das „Schlossgelände“ wurde mit einem Bretterzaun abgeschirmt.
Im Oktober und November 1941 trafen die Angehörigen des Sonderkommandos ein. Seit dem 8. Dezember 1941 wurden zunächst Juden aus den benachbarten Amtsbezirken Koło, Dąbie und einigen anderen, sowie aus dem österreichischen Burgenland stammende Roma und Sinti in Gaswagen ermordet.
Das VernichtungslagerChełmno (Kulmhof) befand sich in Chełmno nad Nerem nahe der Stadt im damals besetzten Polen. Das Vernichtungslager der Nationalsozialisten lag etwa 130 km östlich von Poznań (Posen) und nordwestlich von Łódź. Erster Kommandant des Vernichtungslagers war Herbert Lange, der im Wartheland und in Soldau bereits Gaswagen zur Ermordung Behinderter eingesetzt hatte.Alle leitenden Positionen wurden von den 15-20 Männern des „Sonderkommandos Kulmhof“ eingenommen.
Die personelle Hoheit über die eingesetzten Sicherheits- und Ordnungspolizeibeamten lag zwar beim SS-und Polizeiführer Wilhelm Koppe, aber Gauleiter Arthur Greiser übertrug die Verantwortung der gesamten organisatorischen und finanziellen Abwicklung dieser „regionalen Endlösung“ zwei Beamten seiner Statthalterei, so dass dieser Massenmord durch „arbeitsteiliges Handeln“ von SS und Verwaltung zustande kam. Am 16. Juli 1941 übersandte Rolf-Heinz Höppner, der Führer des SD-Leitabschnitts Posen, einen Aktenvermerk an Adolf Eichmann. Darin wurde in Erwägung gezogen, nicht arbeitseinsatzfähige Juden „durch irgendein schnell wirkendes Mittel zu erledigen.“ Ein derartiges „schnell wirkendes Mittel“, nämlich Vergasung mittels Kohlenstoffmonoxidgas aus Stahlflaschen, setzte ein Sonderkommando unter Herbert Lange schon seit Ende 1939 im Warthegau ein, um Insassen psychiatrischer Anstalten zu ermorden. Die Suche nach einem Ort zur Tötung von nicht zur Zwangsarbeit einsetzbaren Juden begann im Kreis Warthbrücken, polnisch Koło, noch im Juli 1941. Am 19. März 1943 wandte sich der Reichsstatthalter und Gauleiter der NSDAP im Reichsgau Wartheland, Arthur Greiser, mit einem Schreiben an Reichsführer-SS Heinrich Himmler. Darin heißt es unter anderem: „Ich habe vor einigen Tagen das frühere Sonderkommando Lange, das heute unter dem Befehl des SS-Hauptsturmführers Kriminalkommissar Bothmann steht und als Sonderkommando in Kulmhof, Kreis Warthbrücken, seine Tätigkeit am Ende d. Mts. einstellt, besucht, und dabei eine Haltung der Männer des Sonderkommandos vorgefunden, die ich nicht verfehlen möchte, Ihnen, Reichsführer-SS, zu gefälligen Kenntnis zu bringen. Die Männer haben nicht nur treu und brav und in jeder Beziehung konsequent die ihnen übertragene schwere Pflicht erfüllt, sondern darüber hinaus auch noch haltungsmäßig bestes Soldatentum repräsentiert“ … Die Männer des Sonderkommandos wurden unterstützt von 80 bis 100 Schutzpolizisten, die vom Bahnhof einer Kleinbahn aus den bewachten Transport mit Lastkraftwagen in das „Schloss“ nach Kulmhof (Chełmno) durchführten.
Im Schlosshof wurde den Ankömmlingen eine Rede gehalten, dass sie entlaust und gebadet würden, um dann zum Arbeitsdienst nach Deutschland zu kommen. Anschließend betraten die Opfer das Innere des Schlosses. Sie mussten sich entkleiden und wurden zu einer Rampe getrieben, an deren Ende ein Gaswagen stand. Nachdem man die Opfer unter Peitschenschlägen dort hineingetrieben hatte, verschloss man die Türen. Der Fahrer kroch unter das Fahrzeug, schloss den Verbindungsschlauch vom Auspuff ins Wageninnere an und startete den Benzinmotor. Durch die eindringenden Abgase erstickten die Menschen innerhalb von zehn Minuten. Anschließend fuhr der Fahrer die Leichen in ein Lager im Wald, wo sie zunächst in Massengräbern bestattet wurden. Im Sommer 1942 unternahm SS-Standartenführer Paul Blobel Versuche, die Leichen zu verbrennen und die Knochen zu zerkleinern. Die gewonnenen Erfahrungen wurden später bei der Sonderaktion 1005 zur Verwischung der Mordtaten genutzt. Rudolf Höß besichtigte im September 1942 die Leichenbeseitigung in Chełmno.
1943 wurde dieser perfide Vernichtungsort geräumt und nochmals im Sommer 1944 zur Ermordung von Juden des so genannten Ghettos Litzmannstadt verwendet. Anfang April 1944 kamen die Männer des Sonderkommandos zurück. Im Wald wurden zwei Baracken aufgestellt.
Die Gaswagen fuhren nur ein kurzes Stück zu den vorbereiteten Gruben, in denen sich zwei gemauerte Erdöfen befanden. Zwischen dem 23. Juni und 14. Juli 1944 wurden 7.176 Juden aus Litzmannstadt getötet. Danach wurden die Juden aus dem Ghetto ausschließlich nach Auschwitz deportiert. Das Vernichtungslager Kulmhof wurde abgebaut, die Spuren verwischt und die letzten Arbeitshäftlinge in der Nacht vom 17. auf den 18. Januar 1945 nach vergeblicher Gegenwehr im Speicher verbrannt. Das Tun ließ sich jedoch vor den 300 Dorfbewohnern nicht verheimlichen. Am 19. Januar flüchtete ein Arbeitshäftling, informierte den Gemeinderabbiner der Ortschaft Grabow und gelangte ins Warschauer Ghetto. Das umlaufende Gerücht, die aus Litzmannstadt deportierten Juden würden mit Giftgas umgebracht, vermerkte der Wehrmachtsangehörige Wilm Hosenfeld in seinem Tagebuch und wurde sogar am 2. Juli 1942 in der New York Times veröffentlicht. Die beiden ehemaligen Gefangenen Shimon Srebnik und Mordechaï Podchlebnik überlebten den Krieg. U. a. im Film Shoah von Claude Lanzmann berichteten sie über das Vernichtungslager und die Täter.
Noch einmal besuchte Shimon Srebnik, der später in Israel lebte, diesen Orte unmenschlichen Leidens:
Hier einen Einblick in die Gedenkstätte des ehemaligen Vernichtungslagers Chełmno, in dem tausende von Juden, Sinti und Roma aus dem Burgenland, russischen Kriegsgefangenen und tschechische Kinder aus Lidice gemordet wurden:
Foto 1: Leichen vergaster jüdischer Menschen; Foto 2: Gaswagen in denen die Menschen ermordet wurden; Foto 3: Bahntransport aus dem Ghetto Litzmannstadt; Foto 4: Kinder im Vernichnungslager – Quelle aller Fotos: jewisvirtuallibary.org
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