Alfred Grünwald

Alfred Grünwald

 

Alfred Grünwald ♫ Vom Gassenhauer zum Evergreen

„In der Emigration gab es keinen windstillen Winkel; das Exil erlaubte keine weltabgewandte Haltung, es stellte den Vertriebenen immer wieder vor praktische Aufgaben, es führte ihn immer wieder dazu, den Anschluss an Schicksalsgefährten zu suchen.“ Franz Carl Weiskopf

 

 

Das Schreiben von Texten des Frohsinns, der Leichtigkeit und der romantischen Seele war Alfred Grünwalds Lebensinhalt. Das ließ ihn auch sehr erfolgreich werden, doch war es ihm wenig möglich, sich selbst, mit seiner Lebensrealität, weiter zu entwickeln. Vielleicht lag es auch daran, dass die Umbrüche der Weltgeschichte es ihm so schwer machten, mit diesen Schritt zu halten; bestimmt waren es viele Gesichtspunkte, die das auf und ab seiner Karriere beeinflussten. Alfred Grünwald wurde am 16. Februar 1884 in Wien geboren, seine Eltern waren ursprünglich aus Budapest in die Hauptstadt der damaligen k. & k. Monarchie gekommen und betrieben ein kleines Unternehmen. Nach dem erfolgreichen Schulbesuch versuchte sich der junge Mann in verschiedenen Handelsunternehmen; doch schnell kristallisierte sich heraus, dass das Schreiben sein größtes Talent war. Noch während er sich in der Schule befand hatte er kleine Essays und Artikel geschrieben, das setzte er nun fort und bekam eine Anstellung als Feuilletonist und Theaterkritiker für das ‚Neue Wiener Journal’. Hier entwickelte sich nun sein größtes Talent, das Schreiben von kleineren Bühnensketchen und kabarettistischen Texten. 1909 verfasste er das erste Libretto für die Operette ‚Elektra’, zusammen mit Julius Brammer; mit dem er nun jahrzehntelang zusammenarbeiten wird. Für die Operetten von Paul Abraham und Oscar Straus fand er in Fritz Löhner-Beda einen kongenialen Partner. Manchmal hatte Grünwald auch zusammen mit Gustav Beer und Ludwig Herzer Libretti und Schlagertexte verfasst. Alfred Grünwald galt als erfolgreicher Autor von Schwänken und Schlagern und so mancher Gassenhauer wurde zum Evergreen.

Wie viele seiner Landsleute, war Alfred Grünwald ein überzeugter Monarchist und so zog er, wie viele jüdische Mitbürger Österreichs auch recht begeistert 1914 in den Krieg. Auch hier schrieb er Liedertexte, diesmal waren es recht patriotische. Nach dem Ende des Krieges und dem Beginn eines totalen gesellschaftlichen Umbruchs, viel es Alfred Grünwald schwer mental mit der neuen Zeit mitzuhalten.

Zwar konnte er im Zivilleben wieder in seiner Arbeit Fuß fassen und Operettentexte, Schlagertexte und Einakter verfassen, doch an den Frohsinn der Schaffenskraft der ‚Belle Epoche’ konnte er nicht mehr anknüpfen. Das heißt nicht, dass er nun in den Zwischenkriegsjahren weniger erfolgreich war, doch zeigt sich, dass ihm die frühere Spritzigkeit verloren gegangen war. Doch einige seiner Stücke schafften es bereits 1914 bis an den Broadway, was später für ihn von großer Bedeutung werden sollte. Fast wie am Fließband verfasste er Texte, denn es begann sich eine Musikindustrie zu entwickeln, die Schallplatte begann ihren Siegeszug um die Welt. In der Zusammenarbeit mit den Komponisten Paul Abraham, Leo Ascher, Joseph Beer, Nikolaus Brodszky, Willy Engel-Berger, Edmund Eysler, Leo Fall, Emmerich Kálmán, Maurice Lindemann, Franz Lehár, Paul Pallos, Rudolf Sieczyński, Oscar Straus, und Robert Stolz schuf Grünwald die Texte zu zahlreichen Operetten und Schlagern.

Nach dem ‚Anschluss’ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland1938 wurde die Situation für die österreichischen Juden prekär, auch für Alfred Grünwald. Noch im gleichen Jahr wurde er von der Gestapo verhaftet, doch er wurde kurzfristig freigelassen; diese Zeit nutzte er um nach Paris zuemigrieren.


freigelassen; diese Zeit nutzte er um nach Paris zuemigrieren. Nun war es für ihn von Vorteil, dass seine Stücke schon sehr erfolgreich in New York aufgeführt wurden, so gelangten mit seiner Frau Mila Löwenstein und seinem Sohn über Casablanca und Lissabon 1940 in die Vereinigten Staaten. Wieder erlebte er eine Zeit des Umbruchs, die ihm schwer zu schaffen machte. Er war Mitte 50 und wieder musste er sich einem neuen Zeitgeist stellen, dazu noch in einem völlig neuen kulturellen Umfeld. Zwar ging es den Grünwalds in den USA wirtschaftlich besser als so manch anderem Emigranten, denn auch seine englischen Texte konnte er verkaufen um seine Familie zu ernähren, doch seine Seele blieb in Österreich, in einem Wien, dass es so gar nicht mehr gab. Wenn wir heute von Menschen hören, die dem Nazi-Terror entfliehen konnten, so sehen wir nur vordergründig ihr existentielles Überleben, doch machen wir uns viel zu selten deutlich, was es für diese Menschen hieß; die Heimat, ihre Kultur und Sprache, sowie ihre materielle Existenz, zwangsweise verloren zu haben. Denn diese Menschen wanderten nicht freiwillig aus, um für sich selbst neue Welten zu entdecken und zu erobern, nein, diese Menschen empfanden sich häufig als gestrandet und so völlig ohne Wurzeln. Alfred Grünwald tat sein Bestes, um sich mit den Gegebenheiten zu arrangieren und am 6. September 1945 hatte er eine viel beachtete Premiere im New Century Theatre von ‚Mister Strauss goes Boston’ mit der Musik von Robert Stolz. Auch wenn die Kritiken gar nicht schlecht waren, so entsprach das Stück nicht mehr dem New Yorker Zeitgeist, denn nach nur zwölf Aufführungen wurde das Stück wieder abgesetzt. Alfred Grünwald konnte an seine Vorkriegserfolge nicht mehr anknüpfen, die meisten Operettenkomponisten übrigens auch nicht mehr. Stark desillusioniert und mental angeschlagen verstarb Alfred Grünwald am 25. Februar 1951. Sein letztes Werk, das gemeinsam mit Gustav Beer entstandene Libretto für die Operette ‚Arizona Lady’ von Emmerich Kálmán wurde erst nach seinem Tod 1954 in Bern uraufgeführt, nachdem Kálmáns Sohn Charles die Komposition seines Vaters nach dessen Tod 1953 vollendet hatte.

Doch der Lauf der Geschichte hat auch immer ein Augenzwinkern bereit, denn sein Sohn Henry Grunwald war von 1987 bis 1990 Botschafter der USA in Wien und war anwesend, als eine Wiener Parkanlage nach seinem Vater benannt wurde.

 

Bild 1: Buchtitel Alfred Grünwald – Quelle: amazon.com · Bild 2+3: Plattencover – Quelle: quobuz.com

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