Annie Besant

Annie Besant

Annie Besant • Gerechtigkeit und Weltoffenheit für alle…

„Alle religiösen Lehren scheinen zur Hälfte aus tiefen Wahrheiten und zur anderen aus ausgemachtem Unsinn zu bestehen.“ Gillian Rubinstein

Bereits früh heiratete Anni Besant den anglikanischen Geistlichen Frank Besant, mit dem sie auch zwei Kinder hatte, doch die Welt der Mutter, Haufrau und ‚Pfarrersfrau’ war ihr wahrlich nicht auf den Leib geschneidert, zu eigenständig war ihr Denken und Handeln für die am 1. Oktober 1847 in London geborene junge Frau. So war die Ehe auch zum scheitern verurteilt und wurde, vornehmlich aus religiösen Gründen, getrennt. Anni Besant wandte sich immer mehr atheistischen Kreisen zu und lernte dabei den Freidenker Charles Bradlaugh kennen, so kam Anni mit linkem Gedankengut in Kontakt und begann für verschiedene Presseorgane dieser politischen Richtung zu schreiben. Ferner begann sie, als erste Frau, an der University of London Biologie zu studieren, dass sie mit dem Bachelor of Science abschloss. Doch ihre allergrößte Stärke lag in der Rede. Anni Besant gehörte verschiedenen, damals üblichen, Debattierklubs an, dabei galt sie als brillante Rednerin und erwarb sich, in vornehmlich atheistischen Kreisen von Intellektuellen, einen hervorragenden Ruf. 1875 lernte sie den jungen den angehenden Literaten George Bernard Shaw kennen, mit dem sie auch eine zweijährige Beziehung verband. Anni Besant förderte den noch mittellosen Schriftsteller, veröffentlichte seine Romane ‚Die törichte Heirat’ und ‚Künstlerliebe’ in ihrer Zeitschrift ‚Our Corner’ und beschäftigte den Freund auch als Rezensenten für die Kunstecke dieses Journals. Beeinflusst von Shaw, wurde sie Mitglied der Fabianer, wo sie ebenfalls alsbald zu den führenden Köpfen gehörte. Diese Gesellschaft hatte einen entscheidenden Einfluss auf Sozialpolitische Parteien, nicht nur im Britischen Einflussgebiet wie in Australien oder Neuseeland, sie hatte auch intellektuellen Einfluss im Kontinentaleuropa. Der Name Fabianischer Sozialismus leitet sich von dem römischen General Quintus Fabius Maximus Verrucosus, dem Zögerer, ab, der für seine berechnende, lange Zeiträume einkalkulierende Strategie bekannt war. Den Fabianern ging es nicht um Weltrevolution, sondern um die sozialistische Idee und deren Weiterentwicklung durch die damals durchaus mächtigen intellektuellen Kreise. Aus ihr gründete sich im Januar 1884 die britische Labour Party. Aus heutiger Sicht, waren die Fabianer die gedanklichen Ur-Väter und Mütter die Sozialdemokratischen Bewegung und Parteienbildung weltweit. Dies wäre auch heute noch sehr beachtenswert, wenn nicht auch der Stachel der Eugenik, einer Rassenlehre der damaligen Zeit, in diesen Kreisen stark verankert gewesen wäre.



Der damalige Gedanke der Eugenik ging von einer ‚herrschenden’ Schicht aus und sah die unteren Schichten als evolutionär ‚minderwertiger’. In den britischen Kreisen, in denen Anni Besant verkehrte, war dies Gedankengut eher intellektueller, snobistischer Natur und strebte keine Unterdrückung ‚Minderwertiger’ an, doch war so der Gedanke für Bildung, die auch den Massen zukommen sollte weniger diskutabel. Im Vordergrund stand der Gedanke der Gerechtigkeit für die arbeitende Klasse. Anni Besant, die bei den Fabianern zu jenen Kräften gehörte, die den anarchistischen und den kollektivistischen Flügel zu einem linken Block zusammenschweißen wollten, arrangierte im Dezember 1886 eine Gesamtkonferenz aller sozialistischen Vereinigungen, auf der sich die Marxisten durchsetzen. Am 13. November 1887 waren Besant und der immer bekannter werdende George Bernhard Shaw Hauptakteure des so genannten Blutigen Sonntags von London: Sämtliche linken Gruppierungen waren auf dem Trafalgar Square aufmarschiert, um für Redefreiheit und gegen die restriktive Politik der Tories unter Lord Salisbury, der den liberalen Gladstone als Premierminister abgelöst hatte, zu protestieren. 1.500 Polizisten, 200 berittene Leibgardisten und eine Grenadiergardeabteilung waren gegen die Demonstranten aufgeboten worden. In der Folgezeit forcierte Besant ihre politische Tätigkeit und wurde in der Gewerkschaftsbewegung aktiv. 1888 leitete sie erfolgreich den ‚Match Girl’s Strike! oder ‚Match Workers‘ Strike’ im Kampf gegen Hungerlöhne und menschenunwürdige Arbeitsverhältnisse in den britischen Zündholzfabriken. Kurz darauf wurde sie in die Londoner Schulbehörde gewählt, wo sie sich für Bildungsreformen einsetzte. 1889 verabschiedete sich Besant vollständig und dauerhaft von ihrer bisherigen politischen Arbeit: Nachdem sie das Werk von Helena Blavatsky kennen gelernt und eine Rezension über deren Geheimlehre geschrieben hatte, suchte und fand sie den Kontakt zur Autorin. Kurz darauf trat sie bei den Fabianern aus und der Theosophischen Gesellschaft (TG) bei. In der Folgezeit übernahm sie die Herausgabe theosophischer Zeitschriften und erarbeitete sich eine gewisse Stellung innerhalb der theosophischen Bewegung. 1893 vertrat sie diese im Weltparlament der Religionen in Chicago. Sie wandte sich ganz den anthroposophischen und theosophischen Gedanken zu, wobei sie bis zu ihrem Tod glaubte, hier ihre ‚religiöse’ Heimat gefunden zu haben, nach der sie ihr leben lang suchte.



glaubte, hier ihre ‚religiöse’ Heimat gefunden zu haben, nach der sie ihr leben lang suchte. Auf Vortragsreisen in den USA und Indien, so wie einer kurzen Episode in ihrer britischen Heimat ging sie ganz nach Indien. Sie arbeitete am Anfang eng mit Mahatma Ghandi zusammen, war für kurze Zeit Vorsitzende des Indischen Nationalkongresses, doch nach einem politischen Streit mit Ghandi wendet sich der Arbeit in der Theosophischen Bewegung zu. Sie gibt zwei Zeitschriften heraus, in denen sie sich gegen die ‚Kinderehe’ und für die Rechte der indischen Frauen einsetzt und ist beteiligt an reformerischen Traktaten des Hinduismus. Ghandis zunehmende Popularität ließ die Person und das Wirken von Anni Besant in den Hintergrund treten, was ihr bitter vorkam. Müde und erschöpft stirbt sie 86jährig am 20. September 1933 in Indien, das für knapp 40 Jahre ihre Wahlheimat geworden war. Obwohl die Werke und das Leben von Anni Besant weitgehenst in Vergessenheit geraten ist, so hat ihr sozialdemokratischer Freiheitsgedanke überlebt. Ihr Wunsch nach einer ‚Gottgläubigkeit’ ohne strikte Religionsgrenzen blieb bis heute eine Vision. 

Bild 1: Anni Besant – Quelle: wikimedia.org · Bild 2: Buchtitel A. Besant – Quelle: amazon.com · Bild 3: Briefmarke Anni Besant – Quelle: jatintrivedi.com 

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