David Kalisch

David Kalisch

 

David Kalisch und der Kladderadatsch

Wo man raucht, da kannst du ruhig harren: Böse Menschen haben nie Zigarren. D. Kalisch

David Kalisch wurde am 23. Februar 1820 in Breslau (heute Wrocław) geboren und verstarb am 21. August 1872 in Berlin.  Er war ein Schriftsteller, Humorist und Gründer der Satirezeitung Kladderadatsch. Kalisch bedauerte es sein Leben lang, dass er als 15-Jähriger eine kaufmännische Lehre beginnen musste, denn nach dem frühen Tod des Vaters war es ihm aus finanziellen Gründen nicht mehr gestattet auf eine weiterführende Schule zu gehen. Obwohl er als Kaufmann erfolgreich war, gab er 1844 seine Stellung auf und ging nach Paris, mit dem erklärten Ziel Schriftsteller zu werden. Dort schrieb er für verschiedene deutsche Zeitschriften und begegnete u.a. Georg Herwegh und Karl Marx. Auch mit Heinrich Heine und Pierre-Joseph Proudhon schloss er Freundschaft. Der große, erhoffte Durchbruch blieb aus, auch der finanzielle Erfolg. 1846 kehrte Kalisch nach Deutschland zurück und schrieb in Leipzig für das Charivari von Eduard Oettinger. Wieder in Berlin erreichte er den Durchbruch mit seiner Lokalposse ‚Hunderttausend Taler’. Finanzielle ging es ihm nunmehr sehr gut und so heiratete David Kalisch die Sophie Albrecht. Mit ihr hatte er zwei Töchter und drei Söhne.

Gottfried Keller 1851 über die Berliner Lokalposse und David Kalisch:

Inzwischen ist es immerhin schon ein bedeutendes Schauspiel, die Bevölkerung einer so pfiffigen Weltstadt, wie Berlin, vor der Bühne versammelt und dem mutwilligen Schauspieler, der ihr seine Anspielungen mit wehmütiger Laune vorsingt, eifrigst lauschen und zujubeln zu sehen. […] Vorzüglich beim Vortrag der Couplets, welche die jeweilige Kritik der Tagesmisere, des politischen und moralischen Unfuges enthalten, exzellieren die Komiker. […] Ich habe lebhaft mitgefühlt, wie in solchen Momenten das arme Volk und der an sich selbst verzweifelnde Philister Genugtuung findet für angetane Unbill, ja wie solche leichte Lufthiebe tiefer dringen und nachhaltiger zu wirken vermögen als manche Kammerrede. […] Denn es ist eine Lüge, was die literarischen Schlafmützen behaupten, dass die Angelegenheiten des Tages keinen poetischen und bleibenden Wert hätten. In Berlin ist es der Dichter Kalisch, welcher das für jetzt Bestmögliche leistet. Seine Sachen werden auf dem Königstädtischen Theater gegeben […]“. (Brief an den Literaturhistoriker Hermann Hettner, 4. März 1851. In: Gottfried Keller. Gesammelte Briefe. Herausgegeben von Carl Helbling, Bern 1950, Bd. 1, S. 355f.)

1848 gründete Kalisch zusammen mit dem Verleger Heinrich Albert Hofmann die Zeitschrift Kladderadatsch. Für diese wöchentlich erscheinende Zeitschrift arbeitete David Kalisch nun die nächsten 24 Jahre im Hauptberuf. Von den drei Gelehrten des Kladderadatschs war er neben Ernst Dohm und Rudolph Löwenstein wohl der produktivste. Kladderadatsch war eine deutschsprachige politisch-satirische, wöchentlich erscheinende Zeitschrift, die von 1848 bis 1944 erschien. Der Name der Zeitschrift ist hergeleitet vom lautmalerischen Berliner Ausdruck Kladderadatsch, der etwa bedeutet „etwas fällt herunter und bricht mit Krach in Scherben“:

Sicher ist, dass einiger Wein geflossen ist, als David Kalisch und sein Trinkgenosse Albert Hofmann über der Idee eines Witzblattes brüteten. In Hippels Weinstube soll es gewesen sein, in der Nähe des Alexanderplatzes, doch kursieren Gerüchte, dass sich die Beiden anschließend in den Schutz des Dusteren Kellers am Kreuzberg zurückzogen, wo einst schon Turnvater Jahn die Befreiung von den Preußen (vgl. Kreuzberger Chronik Nr. 111) anstrebte, und wo schon Goethe (vgl. Kreuzberger Chronik Nr. 109) nach jungen Mädchen Ausschau hielt. Kalischs Vorliebe für den ‚Monte Cruce‘ jedenfalls ist hinlänglich belegt, nach einer Besteigung des Hügels schrieb der Satiriker, der sich in Paris als erfolgloser Dichter, aber erfolgreicher Fremdenführer durchgeschlagen hatte: „Hier oben…, wo die Verderbnis der Städte, die Unmäßigkeit des flachen Landes noch keine Wurzeln geschlagen hat…“ Der Aufbruch aus Hippels Weinstube dürfte zu fortgeschrittener Stunde stattgefunden haben. Jedenfalls wurde erzählt, dass ein Hund, der durchs Lokal lief, Kalisch zum Straucheln brachte, sodass er den Tisch anrempelte und Flaschen und Gläser auf den Boden fielen. Der Buchhändler Hofmann, der Zeit seines Lebens ein schwerer Stotterer war, allerdings aus der Not eine Tugend gemacht, und 1840 seine ‚Anweisung zur Radikal-Heilung Stotternder nach eigenen Erfahrungen‘ herausgegeben hatte, begann beim Anblick des Scherbenhaufens zu stottern, während Kalisch nur » Kladderadatsch « rief. Damit war, so die Legende, der Name des erfolgreichsten preußischen Witzblattes gefunden. »Kladderadatsch«, das stand in den Anfängen des Jahres 1848 nicht nur für ein allgemeines Durcheinander, sondern auch für den politischen Scherbenhaufen, den die Aufstände des März hinterlassen hatten.


Die erste Ausgabe war in 24 Stunden ausverkauft. Schon in der dritten Ausgabe traten die Barone Strudelwitz und Pudelwitz auf, deren bissiger und zeitkritischer Briefwechsel zu einer festen Einrichtung der Satirezeitschrift wurde. Fiktive Figuren wie »Schulze und Müller« bereicherten den Diskurs mit Dialogen über politische Ereignisse, Glasbrenner wurde Gastautor, die ständigen Autoren Ernst Dohm und Rudolf Löwenstein waren bald als »Gelehrte des Kladderadatsch« bekannt. Berühmt wurden die »Bismarck-Gedichte«, die den Konservativen seine ganze Karriere über verfolgten. Kalisch selbst schuf den ewigen Quartaner Karlchen Mießnick und übernahm auch den Bankier Zwickauer, die Karikatur eines Vertreters der jüdischen Finanzkreise. So kamen im Kladderadatsch anstelle gewichtiger Autoren mit erhobenen Zeigefingern stets fiktive Figuren zur Sprache, wunderbare Zwitterwesen in einer Welt zwischen Literatur und Journalismus, die heute ausgestorben sind. Von den 155 verschiedenen Blättern, – darunter 33 satirischen Zeitschriften wie der ‚Berliner Krakehler’ oder der ‚Tante Voss mit dem Besen’ die nach dem März 1848 in der gerade errungenen Pressefreiheit auf den Markt flatterten, war der Kladderadatsch das einzige, das die konterrevolutionären Ereignisse im November 1848 überstand. Gleich zweimal verbot der königstreue General Wrangel das Blatt, doch Kalisch und Hofmann verkündeten, sie würden weitermachen, um jeden Preis. Doch der Preis, den sie zahlten, war hoch: Immer mehr Beiträge fielen der Zensur zum Opfer, das Blatt musste sich anpassen.

1872 verstarb David Kalisch, sein Grab befindet sich auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg.

Den Kladderadatsch gab es bis 1944, doch war dieser nicht mehr mit der einstigen Satirezeitung und seinen hervorragenden Karikaturen vergleichbar.

Foto 1: David Kalisch – Quelle: seniorennet.be · Foto 2: Buchtitel – Quelle: zvab.com · Foto 3: Kladdaradatsch Titelbild – Quelle: verwaltungsportal.de · Foto 4: Strichzeichnung Kladaradatsch – Quelle uni-heidelberg.de · Foto 5: Grab David Kalisch – Quelle: wikipedia.com 

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