Die Würde des Menschen ist unantastbar …

Die Würde des Menschen ist unantastbar …
 
 
Wir sind uns durchaus des ersten Satzes von Artikel eins, des Grundgesetzes, im Klaren, doch wenn wir erklären sollten, was denn da so unantastbar wäre, so kämen wir doch zu recht unterschiedlichen Definitionen. Weitaus besser könnte man darstellen, was alles unwürdig für den Einzelnen ist, wir könnten also eher leichter referieren, was alles nicht würdig ist, als uns festlegen zu wollen, was uns da die Mütter und Väter der Grundgesetzes ganz am Anfang schenkten. Bevor wir den Begriff mit Leben füllen, sollten wir uns auf die Spurensuche begeben um zu einer Definition zu gelangen. Der Begriff Würde, lateinisch dignitas, bezeichnet die Eigenschaft, eine einzigartige Seinsbestimmung zu besitzen. Also heißt das, für mich, dass jeder Mensch aufgrund seines Seins, seiner bloßen Existenz heraus, mit Würde ausgestattet ist. Doch viel größere Köpfe als der meine, haben sich darüber ja schon so ihre Gedanken gemacht. So begründet Immanuel Kant die Menschenwürde in mehreren seiner Schriften zur praktischen Philosophie, die heute für uns die Zeit der Aufklärung darstellt und den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt stellt. In der Kritik der praktischen Vernunft, setzt er der Vernunft des Menschen ein ‚Denkmal’, denn für ihn hat diese Vernunft, also das logische Denken, in sich selbst ihr eigenes Gesetz. Kant setzt auf die Freiheit des menschlichen Geistes für die Beurteilung des Guten oder Bösen, um es ganz kurz auszudrücken. Mit dieser Schlussfolgerung stellt Kant den vernunftbegabten Menschen über andere Lebewesen, sagt aber auch, dass die Würde des Menschen ein Wert ist, dieser Wert ist nicht veräußerlich. Anders Friedrich Schiller, er sieht in der Würde, den Ausdruck einer erhabenen Gesinnung, wendet sich aber besonders dem sozialen Aspekt des menschenwürdigen Daseins zu. Doch zuerst sieht Schiller im freien Willen des Menschen den entscheidenden Unterschied zum Tier. Würde entstehe dann, wenn sich der Wille des Menschen über seinen Trieb erhebt und er seine geringsten Bedürfnisse erfüllen kann, so sagt er:
 
„Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen. Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst.“
 
 
 
Ein anderer machte sich fast 150 Jahre später auch literarisch seine Gedanken zur Würde des Menschen, Bertold Brecht. Über diese schrieb Bertolt Brecht in seiner Dreigroschenoper: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“ Er unterbreitet in einem seiner Texte den Vorschlag, das Wort „Ehre“ durch das Wort „Menschenwürde“ zu ersetzen, und weist damit auf den fundamentalen Unterschied zwischen beiden Prinzipien hin: Die Ehre ist etwas Äußeres, die Würde etwas Inneres.
 
Wir können also zusammenfassen, dass Würde die Freiheit des Einzelnen, sowohl im Denken wie auch im Fühlen, unter Berücksichtigung der Befriedigung seiner grundlegenden Bedürfnisse, unantastbar ist. Dies entspricht dem Menschenrecht eines jeden und das nicht nur in unserer Verfassung. Wir können das so zur Allgemeingültigkeit erklären. Doch was fangen wir damit an, außer dass wir das jetzt etwas exakter formulieren können? Ich denke, dass wir uns zuerst einmal unserer eigenen Würde bewusst werden müssen.
 
 
Denn erst wenn ich mir meines eigenen Wertes sicher bin, eines Wertes, der über jedes Berechnen hinausgeht, also meiner Einzigartigkeit, in all seinen Abstufungen, ohne mich zu erheben über andere oder mich kleiner zu fühlen, dann erst bin ich mir meiner Würde bewusst. Dieses Bewusstsein sich zu erarbeiten ist ein Prozess, doch habe ich diesen ‚bestanden’, kann ich auch für die Würde des anderen einstehen, oder diese, wenn es sein muss auch verteidigen. Den Respekt und die Achtung meines Inneren Seins zu verlangen, heißt ja nicht, mich über jede Kritik zu stellen, oder ob meines Seins Forderungen zu stellen, nein es heißt, dass mir ein jeder in würdiger Form gegenüberzutreten hat, genau wie das jeder andere von mir verlangen kann, ganz gleich ob mir mein Gegenüber fremd erscheint, einfach nur nicht symphatisch ist oder ich ihn von Herzen liebe.
 
Vielleicht ist das nicht immer so einfach, doch es lohnt sich, ab und zu darüber nachzudenken …
 
Bild1: Wandtafel am Landgericht Frankfurt/Main · Quelle: Wikipedia – Bild 2: Philosophie · Quelle: das-sichtwer.de – Bild 3: Gleichheit · Quelle: fotosearch.com. – Bild 4: Freiheit-Gleichheit-Brüderlichkeit · Quelle ustro.wordpress.com

Hinterlasse einen Kommentar

Your email address will not be published.