Emma Goldman

Emma Goldman

Emma Goldman · Eine mehr als rebellische Frau

“If voting changed anything, they’d make it illegal.” E.Goldman

Emma Goldman wurde am 15. Juni 1869 in Kowno,  im heutigen Litauen geboren und verstarb am 14. Mai 1940 in Toronto, Kanada. Sie war eine Anarchistin aus Überzeugung,  Friedensaktivistin, Feministin und auf Grund der Lebensumstände eine Kosmopolitin. Emma Goldmann wurde bekannt durch ihre Schriften und Reden, als so genannte ‚rebellische Frau’ von Anhängern gefeiert und von Kritikern als Fürsprecherin politisch motivierter Morde und gewalttätiger Aufstände verurteilt. Sie spielte eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung einer anarchistischen politischen Philosophie in den USA und in Europa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Als Tochter eines jüdischen Theaterdirektors, wuchs zunächst in Kowno im damaligen Russischen Zarenreich auf und lebte vom 7. bis zum 13. Lebensjahr bei ihrer Großmutter im ostpreußischen Königsberg, wo sie auch die Schule besuchte. In der Zeit der politischen Unterdrückung nach dem Attentat auf Zar Alexander II. zog sie im Alter von 13 Jahren mit ihrer Familie nach Sankt Petersburg. Dort arbeitete sie in einer Fabrik und kam in Kontakt mit revolutionären Ideen und mit Arbeiten revolutionärer Anarchisten einschließlich der Geschichte der politischen Attentate im zaristischen Russland. Mit 17 emigrierte Emma Goldman, gegen den Willen der Eltern, mit ihrer älteren Schwester Helene nach Rochester, New York, um mit ihrer Schwester Lena zu leben. Dort arbeitete sie einige Jahre in einer Textilfabrik und heiratete 1887 den Arbeitskollegen Jacob Kershner, wodurch sie die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt.

Die Hinrichtung von vier ‚Anarchisten’ nach der Haymarket Affäre trieb die junge Emma Goldman im Alter von 20 Jahren zur anarchistischen Bewegung. Unter der Haymarket Affäre versteht man, kurz gefasst, den Protest der Arbeiter für den 8 Stunden-Arbeitstag.


Dies kann als Beginn der Arbeiterbewegung und der Gründung von Gewerkschaften gesehen werden, der 1. Mai als ‚Tag der Arbeit’ bezieht sich auf die Ereignis. Das junge Ehepaar ging von Chicago nach New York, doch die Ehe hielt nicht lange, sie ließen sich scheiden. In New York traf Goldman ihren späteren zeitweiligen Lebenspartner und lebenslangen Freund Alexander Berkman, eine damals hervorragende Gestalt der US-amerikanischen Anarchisten, mit dem sie bis zu seinem Tod 1936 zusammen blieb. Beide gelangten zu der Überzeugung, dass die direkte Aktion, einschließlich der Anwendung von Gewalt, für den revolutionären Wandel notwendig war. Während des Homestead-Streiks, der ähnlich dem in Chicago war, und gewaltsam niedergeknüppelt wurde, versuchte Emmas Lebensgefährte den Werksleiter zu ermorden. Alexander Berkman wurde zu 22 Jahren Haft verurteilt, von denen er 14 Jahre absitzen musste. Ein weiterer Punkt, der Emma radikalisierte, was ihr eine Verurteilung zu einem Jahr Gefängnis einbrachte. Emma geht danach nach Wien, macht eine Hebammenausbildung und wird mit den Problemen von Frauen konfrontiert, die sie später in vielen Reden und Schriften öffentlich macht. Nach einigen Stationen in Europa kehrt sie in die USA zurück und veröffentlicht 1906, nun wieder zusammen mit Berkman, die Monatszeitschrift ‚Mother Earth‘ (Mutter Erde), die sich mit dem Tagesgeschehen aus dem anarcha-feministischen Blickwinkel befasste. Unter anderem befasst sie sich auch hier in mehreren Artikeln mit der Frauenfrage. Emma Goldman verknüpfte anarchistische mit feministischen Positionen, in dem sie die Missstände, die zur Unterdrückung des weiblichen Geschlechts führten, als gesamtgesellschaftliches Problem be- und aufgriff. Die Unterdrückung der Frau setzt sie mit der Unterdrückung der Bevölkerung gleich und forderte danach einen gleichzeitigen Kampf für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Frau mit dem für eine befreite Gesellschaft. Die wahre Emanzipation schließt für sie die Männer ein. Ein weiteres Feld von Goldmans Aktivität betraf die Forderung der freien Geburtenkontrolle für die Frau, die sie etwa mit Vorträgen über Empfängnisverhütung unterstützte. Ungewollte Schwangerschaften schaffen nach Goldman unglückliche Kinder und verstärken wirtschaftliche Nöte und Abhängigkeiten der Frau. Nur unter der Vorgabe der Freiwilligkeit sah Goldman eine Möglichkeit zum selbstbestimmten Zusammenleben von Individuen.


Zu den drohenden Gewitterwolken des 1. Weltkriegs schrieb sie bereits 1911: „Die Behauptung, dass eine stehende Armee und eine Flotte die beste Garantie für den Frieden sind, ist ebenso logisch wie die Annahme, der friedfertigste aller Bürger sei jener, der schwer bewaffnet herumläuft. Die Erfahrung des täglichen Lebens beweist zur Genüge, dass das bewaffnete Individuum beständig darauf aus ist, seine Stärke zu erproben. Dasselbe gilt historisch gesprochen für Regierungen. Wirklich friedliche Länder verschwenden nicht Leben und Energie auf die Vorbereitung von Kriegen und das Ergebnis ist, dass der Friede erhalten bleibt.“ (Emma Goldman, in: Anarchism and other Essays. New York 1911) Ferner druckten sie darin Aufsätze von Friedrich Nietzsche und dem christlichen Anarchisten Leo Tolstoi, die beide wesentlichen Einfluss auf ihr Denken hatten. Über Nietzsche meinte Goldman: „Nietzsche war kein Sozialtheoretiker, sondern ein Dichter, ein Rebell und Neuerer. Seine hohe Klasse entsprang nicht seiner Geburt oder seinem Geldbeutel, sondern seinem Geiste. In dieser Hinsicht war Nietzsche ein Anarchist und alle wahren Anarchisten waren Aristokraten“ (Gelebtes Leben, 1931). Immer wieder kam sie mit den Behörden in Konflikt, durch Reden, durch Artikel und durch Aufrufe. Nach mehreren kurzen Gefängnisaufenthalten und wegen ihrer Standhaftigkeit gegen den Krieg zu opponieren, wurde ihr 1918 die Staatbürgerschaft aberkannt und sie wurde 1919 mit weiteren russigstämmigen Anarchisten in das revolutionäre Russland abgeschoben. Mit Enthusiasmus kamen sie und die anderen ins Land, doch noch bevor Stalin an die Macht kam, kam Emma Goldmann zu dem Schluss, dass die junge Räte-Regierung in die Diktatur abgleiten wird, dies publizierte sie in mehreren Schriften, herausragend ist ‚My Disillusionment in Russia’ (Meine Enttäuschung über Russland) zu nennen. 


Desillusioniert verließen Emma und ihr Lebensgefährte Russland, wobei sie mit Leo Trotzki bis zu seinem Tod in brieflichem Kontakt blieb, und gingen nach Frankreich und dann nach England. Sie schrieb:

„Ich weiß, dass jeder große politische und soziale Wandel in der Vergangenheit Gewalt bedingte. … Es ist jedoch eine Sache, Gewalt im Kampf als Mittel zur Verteidigung anzuwenden. Es ist eine ganz andere Sache, den Terrorismus zum Prinzip zu erheben, ihn zu institutionalisieren, ihm den obersten Rang im sozialen Kampf zuzuweisen. Solcher Terrorismus gebiert Konterrevolution und wird dabei selbst konterrevolutionär.“

Diese differenzierten Ansichten waren unter den Radikalen nicht beliebt, denn die meisten wollten immer noch glauben, dass die russische Revolution ein Erfolg war. Doch sie blieb bei ihrer Ansicht und schrieb dazu:

„Ich denke Rede- und Pressefreiheit bedeutet, daß ich sagen und schreiben kann, was mir beliebt. Dieses Recht wird zu einer Farce, wenn es durch die Verfassung, durch gesetzliche Verfügungen, durch allmächtige Entscheidungen des Postministers oder durch den Polizeiknüppel geregelt wird. Natürlich wird man mich vor Konsequenzen warnen, wenn wir Rede und Presse von ihren Ketten befreien werden. Ich glaube jedoch, daß das Heilmittel vor Konsequenzen, die dem ungehinderten Gebrauch der Meinungsäußerung entspringen, darin besteht, das Recht auf Meinungsäußerung noch weiter auszudehnen. Geistige Fesseln vermochten noch nie den Lauf des Fortschritts Einhalt zu gebieten; allerdings wurden frühzeitige soziale Explosionen nur allzu oft durch eine Welle der Repression hervorgerufen.“ (Emma Goldman, in: ‚Was ich denke’)



Als Emma Goldman 1921 nach England zog, wo sie bei alten Freunden blieb, war sie in ihrer Verurteilung der Bolschewiki in der Linken faktisch allein und ihre Vorträge waren schwach besucht. Wegen ihrer Staatenlosigkeit und der drohenden Ausweisung, heiratete sie einen Waliser, der durchaus wusste, dass das eine Zweckehe war. Es folgen Aufenthalte in Schweden, Deutschland, Frankreich, England und Kanada. Der Spanische Bürgerkrieg wird nach dem Suizid ihres Freundes Berkman (1936) ihr neues Aktionsfeld: Sie fährt nach Katalonien und reist nach London, um dort für das republikanische Spanien zu werben. In Kanada sammelt sie Geld.

Während dieser Tour erleidet sie einen Schlaganfall und stirbt 70jährig in Toronto. Ihre Beerdigung wurde in den USA gestattet, so liegt ihr Grab in der Nähe der Gräber der Hingerichteten des Haymarket Aufstandes. Auf ihrem Grabstein steht „Liberty will not descend to a people, a people must raise themselves to Liberty” (Freiheit wird nicht zu einem Volk herabsteigen; ein Volk muss sich selbst zur Freiheit erheben).

Bild 1: Emma Goldman 1910 – Quelle: wikimedia.org · Bild 2: Rede v. E. Goldmann 1916 – Quelle: wikimedia.org · Bild 3: Karikatur aus „Mother Earth“ – Quelle: recollektionbooks.com · Bild 4: Buchtitel Emma Goldman – Quelle: libcom.org · Bild 5: Emma Goldman – Quelle: pitzer.edu

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