Heinrich Eduard Jacob

Heinrich Eduard Jacob

Heinrich Eduard Jacob • Vater des erzählenden Sachbuches

„Begeisterung spricht nicht immer für Den, der sie erweckt, und immer für Den, der sie empfindet.“ Marie von Ebner-Eschenbach

Heinrich Eduard Jacob wurde in Berlin am 7. Oktober 1889 als Henry Edward Jacob geboren und verstarb am 25. Oktober 1967 in Salzburg. Er war Journalist und Schriftsteller mit deutsch-amerikanischen Wurzeln.
Publikationen von ihm gibt es auch unter den Pseudonymen Henry E. Jacob und Eric Jens Petersen. Sein Vater war Ägyptologe, Bankdirektor und Chefredakteur der ‚Deutschen Konsularzeitung’ Richard Jacob, der bereits ein Jahr nach seiner Geburt verstarb. Seine Mutter Martha Jacob, geb. Behrendt; Tochter eine Rittergutbesitzers, deren Halbbruder in den USA lebte, heiratete den Wiener Bankier Edmund Lampl. Mit den Kindern, Heinrich hatte noch einen älteren Bruder, zog die Mutter nach Wien. Doch die Ehe hielt nicht lange, und die Familie, Heinrich hatte nun auch eine Halbschwester, zog wieder zurück nach Berlin. So erlebte Heinrich in seiner Jugend zum einen ein Großbürgertum in Berlin und das Bildungsbürgertum einer deutsch-jüdischen Geisteswelt in Berlin. Beides prägte ihn sehr und machte einen Großteil seiner Wurzeln aus. Am Askanischen Gymnasium in Berlin legte er sein Abitur ab und studierte Germanistik, Geschichte und Musikwissenschaften. Einer seiner frühen Freunde war Georg Heym, dessen Gedichte er als erster in dem Charlottenburger Wochenblatt ‚Herold’, bei dem er seit 1912 als Theaterkritiker arbeitete, veröffentlichte. Heinrich Eduard Jacob war ein äußerst fleißiger Autor, er schrieb insgesamt dreizehn Romane (davon fünf unveröffentlicht), sechs Bände mit Novellen, Erzählungen und Idyllen, vier Musiker-Biographien, zwei weltberühmte Sachbücher. In der Zeit der Weimarer Republik arbeitete Jacob vor allem als Journalist und Feuilletonist. Jacob trat aber nicht nur als Schriftsteller, sondern auch als Herausgeber der Zeitschrift ‚Der Feuerreiter’ · Blätter für Dichtung, Kritik und Graphik (1921 – 1924), Berlin, hervor. Im Feuerreiter sammelten sich unter der Leitung Jacobs die bekanntesten Autoren und Graphiker der damaligen Zeit: Bertolt Brecht, Alfred Döblin, Emil Ludwig, Heinrich Mann, Ludwig Marcuse, Robert Musil, René Schickele, Ernst Weiss, Arnold und Stefan Zweig, um nur einige zu nennen. Dieses Forum nutzte Jacob aber auch, um weniger arrivierten Schriftstellern wie Bertolt Brecht eine Plattform für ihre Publikationen zu bieten oder durch Kritiken Autoren wie Georg Heym und Franz Kafka einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu Gesamtbriefwechsel zwischen Jacob und Thomas, Katja, Klaus sowie Erika Mann wurde von Berlin zwar schon vollständig erarbeitet, bisher aber noch nicht publiziert. Im September/Oktober 1926 nahm er als Delegierter und Sonderkorrespondent des „Berliner Tageblatts“ am internationalen Filmkongress in Paris teil, der auf Veranlassung des Völkerbundes einberufen wurde und sich mit dem neuen Medium Film als Propagandainstrument befasste.


In seinem Roman „Blut und Zelluloid“ (1929) verarbeitete Heinrich E. Jacob seine Erkenntnisse und Erfahrungen, die bereits ein Schlaglicht auf den kommenden Propagandafilm nach dem Willen des späteren Ministers Goebbels warf. Von 1927 bis 1933 war er Leiter des ‚Mitteleuropäischen Büros‘ des ‚Berliner Tageblatts‘ in Wien. Daneben veröffentlichte er eine Reihe von Romanen, Erzählbänden und Theaterstücken. In fast allen seinen Werken kann man Jacob als Autor kennen lernen, „der die Krisenerscheinungen der modernen Welt präzise diagnostiziert; dies ist auch in den Texten der Fall, deren Stoffe nicht aus der Zeitgeschichte stammen, sondern historischen Texten oder Themen entlehnt sind.“ Isolde Mozer, 2005

Nachdem die Nationalsozialisten in Berlin an die Macht kamen verlor Heinrich E. Jacob im März 1933 seine Stellung beim ‚Berliner Tageblatt‘. Er lebte nunmehr als freier Schriftsteller in Wien und konzentrierte seine literarische und literaturwissenschaftliche Wahrnehmung neben Biographien vor allem auf das Sachbuch. Er gehörte zu den Schriftstellern, deren Bücher nicht nur symbolisch verbrannt wurden, ferner wurde er als ‚Schundliterat’ diffamiert. Anlässlich des XI. Internationalen PEN-Kongresses in Dubrovnik stritt er in vorderster Reihe gegen die nationalsozialistisch eingestellten Schriftsteller und trug damit zur Spaltung des österreichischen PEN bei. Während seiner anschließenden Bemühung, gemeinsam mit Raoul Auernheimer, Paul Frischauer und vielen anderen, die ‚Völkischen’ zum Austritt aus dem PEN zu bewegen, kam es zur Kontroverse mit Stefan Zweig, der sich sehr zögerlich zeigte. Obwohl seine erzählerischen Werke während der Zeit der Nationalsozialistischen Herrschaft  auf der Liste unerwünschter Bücher stehen, kann der Berliner Rowohlt-Verlag 1934 dennoch mit Erfolg sein erstes Sachbuch verlegen; Jacobs Romane erscheinen allerdings nur noch in Schweizer beziehungsweise niederländischen Exilverlagen. 


Mit dem Sachbuch  ‚Sage und Siegeszug des Kaffees’ von 1934 begründete er Genre des erzählenden Sachbuchs. Weitere große Werke folgten wie ‚Sechstausend Jahre Brot’, ‚Joseph Haydn – Seine Kunst, seine Zeit, sein Ruhm“ (zu dem Thomas Mann ein Geleitwort schrieb) und ‚Felix Mendelssohn und seine Zeit – Bildnis und Schicksal eines Meisters‘ um nur einige zu nennen. Nach dem ‚Anschluss Österreichs’ wurde Jacob am 22. März 1938 verhaftet und seine umfangreiche Bibliothek und Privatkorrespondenz, aber auch sein sonstiges Hab und Gut, beschlagnahmt. Der Autor wurde in ‚Schutzhaft‘ genommen. Man brachte ihn zunächst mit dem 1. Wiener Transport von ‚Schutzhäftlingen’, dem sogenannten ‚Prominententransport’, in das Konzentrationslager Dachau. Am 23. September 1938 wurde er nach Buchenwald überstellt. Durch die ständigen Bemühungen seiner späteren Frau Dora Angel-Soyka sowie mit Hilfe eines amerikanischen Onkels, Michael J. Barnes, einem Bruder von Jacobs Mutter, gelang es, seine Ausreise zu ermöglichen. Am 10. Januar 1939 wurde er aus Buchenwald entlassen, heiratete am 18. Februar 1939 in Wien Dora Angel und gelangte mit ihr über Großbritannien in die Vereinigten Staaten. Dort ließ er sich in New York nieder. Hier erhielt er auch später die Staatsbürgerschaft. Sein Bruder war bereit vor 1933 verstorben, seine Halbschwester nahm sich vor ihrer Deportation das Leben und seine Mutter kam in einem der Vernichtungslager im Osten des damaligen Deutschen Reichs um.


Trotz all seiner furchtbaren Erfahrungen und Erlebnisse blieb Heinrich E. Jacob auch später stets um Versöhnung und Ausgleich mit denen im Hitler-Deutschland verbliebenen Kolleginnen und Kollegen, ja,  mit den Deutschen insgesamt, bemüht. In den Vereinigten Staaten schrieb Jacob für deutschsprachige Exilzeitschriften wie zum Beispiel für die jüdische Wochenzeitung ‚Aufbau’, aber auch für die ‚New York Times’. Seinen größten literarischen Erfolg stellte die 1944 in New York erschienene Kulturgeschichte des Brotes unter dem Titel ‚Six thousand Years of Bread. Its Holy and Unholy History’. Dieses Buch gilt bis heute als Standardwerk. Es wurde in seiner Originalversion mehrfach nachgedruckt, zuletzt 2007. 1954 brachte der Rowohlt-Verlag in Berlin, bei dem schon in den Weimarer Jahren die meisten größeren Werke Jacobs erschienen waren, eine deutsche Fassung heraus: ‚Sechstausend Jahre Brot’. Auch hiervon kamen mehrere Neuauflagen heraus, zuletzt 1985. Im Sommer 1953 kehrte Jacob wieder nach Europa zurück und hielt sich zeitweise auch in Deutschland auf. Insgesamt war sein Leben seit 1938 jedoch von großer Rastlosigkeit geprägt, er lebte mit seiner Frau in Hotels oder Pensionen. Trotz Erfolgen und Anerkennung blieb er für sich selbst heimatlos, dieses tiefe Gefühl ließ ihn nicht sesshaft werden. Seine angegriffene Gesundheit, vor allem bedingt durch die Internierung in den Konzentrationslagern, verhinderte ab 1959 die Entstehung weiterer literarischer Werke.

Er verstarb zwar in Salzburg, doch fanden er und seine Frau Dora ihre letzte Ruhestätte auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße in Berlin-Westend, Heerstraße 141 am Scholzplatz.


Für den Literaturwissenschaftler Jens-Erik Hohmann („Unvergänglich Vergängliches. Das literarische Werk Heinrich Eduard Jacobs“, 2006) ist

die Geschichte Heinrich Eduard Jacobs und seines Werks […] mehr als die Geschichte eines deutschen Künstlers jüdischer Abstammung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts“. Sie sei „ein Teil der Geschichte Deutschlands. Und als solches ist sie auch die Chronik des Versuchs, diese Geschichte zu überleben und sich in ihr zu behaupten – als Mensch und als Künstler.“

Das Literarische Werk einschließlich seiner umfangreichen Sachbücher, des leider vergessenen Autors, wird zurzeit gesichtet und wird als Gesamtausgabe veröffentlicht, so die Pläne seines Verlages. Zu seinem Nachlass, der sich im Deutschen Literaturarchiv Marbach befindet, gehören unveröffentlichte Korrespondenzen mit Max Brod, Lion Feuchtwanger, Claire und Yvan Goll , Erich Wolfgang Korngold, Alma Mahler-Werfel, Thomas Mann, Heinrich Mann, Ludwig Marcuse, Alexander Roda-Roda, Kurt Tucholsky und vielen anderen.

Bild 1: Heinrich Eduard Jacob – Quelle: literaturepochen.at · Bild 2: Buchtitel ‚Kaffee‘ – Quelle: cremagazin.de · Bild 3: Buchtitel ‚Brot‘ – Quelle: heirich-eduard-jacob.de · Bild 4: Buchtitel ‚Johann Strauss‘ – Quelle: lewin-fischer.de · Bild 5: Portrai H.E. Jacob – Quelle: mourah.de

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