Ich vermisse sie, Herr von Knigge

Ich vermisse sie, Herr von Knigge
 
Als ich klein war hab ich gelernt, dass man ‚Danke’ und ‚Bitte’ sagt, dann lernte ich, dass ich mein Getränk nicht schlürfen darf. Ich hab gelernt mit Messer und Gabel zu essen und dass der Löffel zum Mund geht und nicht umgekehrt. Später lernte ich, dass ich anderen zuhören müsste und wenn ich mit jemandem rede, ihn dabei anzuschauen. Ich hab gelernt, andere ausreden zu lassen, auch wenn es mir schwer fiel. Ja, ich lernte mich zu entschuldigen, wenn mir ein Missgeschick widerfuhr und vor allen Dingen lernte ich, mein Gegenüber mit dem ihm gebührenden Respekt gegenüber zu treten. Ich lernte im Laufe des Lebens niemanden zu verletzen, weder körperlich noch seelisch und ich lernte, dass jeder ein Mindestmaß an Achtung zu erhalten hat. Diese Aufzählung könnte ich jetzt noch weiter führen, doch um das Ganze abzurunden, sage ich: ich lernte, dass mit Freundlichkeit und einem Lächeln einiges im Alltag leichter ist, einfach der Umgang im Miteinander. Natürlich gab es auch Dinge, die ich als Kind lernte, die ich später für mich als nicht lebbar empfand, wie zum Beispiel den Knicks, aber das sind aus meiner Sicht Relikte von ‚Gestern’ und dürfen durchaus in die Mottenkiste, wie so einige Spielregeln, Ge- und Verbote meiner Kindheit und Jugend. 
 
 
So, aber wird es jeder Generation gehen, die Gepflogenheiten des Umgangs verändern sich, prinzipiell der Zeit entsprechend und das ist auch gut und richtig so, denn das gesellschaftliche Miteinander ist Wandlungen ausgesetzt und dies macht es ja auch spannend, sich auf Neues einzulassen.
Doch denke ich, dass gewisse Regeln im Umgang des Miteinanders, es uns einfach leichter machen, den oftmals hektischen, mühseligen Alltag zu bewältigen. Eine freundliche Verkäuferin rundet den Einkauf ab und die hilfreiche Geste eines Schaffners lässt jeden Ärger kleiner werden. Aber leider erleben wir den Alltag auf den Strassen und Plätzen, in der Arbeitswelt oder wo auch immer wir uns hinwenden müssen, nicht so. Verwaltungsangestellte verhalten sich so, als ob der Bürger, für den sie da sein sollten, eher eine Last und eine Bürde sind. Oft werden diese ‚Antragsteller’ missmutig, bis unhöflich behandelt. In den Amtsstuben in Deutschland herrscht ein rauer Ton. In öffentlichen Verkehrsmitteln wird gepöbelt und Hilfesuchende mit schwerem Gepäck oder Kinderwagen geflissentlich übersehen. Im Straßenverkehr hat man oft den Eindruck, dass das Recht des Stärkeren vor dem Recht der Straßenverkehrsordnung steht und bei Radfahrern hat man manchmal das Gefühl, dass sie die eigentlichen ‚Herrscher’ der Strasse oder des Gehwegs sind. Auch im Arbeitsumfeld vieler Menschen sieht es nicht besser aus, wobei Unhöflichkeit noch fast das geringste Übel ist, wenn es sich nicht mehr und mehr steigert, dass es zum so genannten ‚Mobbing’ mutiert. An manchen Tagen erleben viele Menschen ihre ferne oder nahe Umgebung als feindlich, dass sie das Erlebte in den häuslichen Bereich hineintragen und auch ihre engste Umgebung belasten, wird einigen gar nicht mehr bewusst. 
 
 
 
 
Wenn sich dann der Einzelne nicht ab und zu einmal gründlich hinterfragt, dann schleicht sich das ‚Gift’ der oberflächlichen Unhöflichkeit in das eigene Verhalten, denn von außen wird man nur noch selten ‚gezwungen’ ein anderes Betragen an den Tag zu legen.
 
Es geht hier nicht um die großen, weltumspannenden Ereignisse; auch nicht um eine Wertediskussion elementarer Tugenden der Gesellschaft. Nein, es geht hier um die kleinen  Dinge des Miteinanders, die uns schon häufig gar nicht mehr auffallen. Oftmals sind es nur Gesten, die alles viel leichter machen. Wartet man nicht lieber auf den Arzttermin, wenn die Sprechstundenhilfe um Verständnis bittet für die Verzögerung? Hat man nicht ein gutes Gefühl, wenn man in einer schwierig erscheinenden Situation, Hilfe angeboten bekommt, auch wenn man diese dann doch nicht benötigt? Ist in einem nicht weitaus mehr Verständnis vorhanden, wenn sich jemand entschuldigt, weil man aus Versehen getreten wurde? Aber vielleicht ist die Bedienung im Cafe auch weitaus netter, wenn man selbst mit einem Lächeln die Bestellung aufgibt. Ja, und solche Beispiele kann jeder spontan aufzählen, wäre man sich solcher Situationen immer bewusst.
 
Wir leben in einer sehr komplexen und manchmal wenig durchschaubaren Welt, wir sind mit Hektik, Stress und vielfältigsten Aufgaben betraut und müssen, um ‚reibungslos’ unser Dasein zu bestreiten, die eine oder andere Widrigkeit hinnehmen. Da sollten wir es uns doch nicht schwerer machen, als es ohnehin schon ist, denn die kleinen Gesten nehmen zwar die Mühen des Alltags nicht, aber sie belasten nicht auch noch zusätzlich. Ein gutes Miteinander, ist ein Geben und Nehmen; warten wir nicht darauf, dass der andere anfängt, legen wir einfach selbst los und ganz gewiss erhalten wir das eine oder andere positive Feedback ……
 
vielleicht nicht immer, aber immer öfter ……..
Foto 1: Freiherr v. Knigge – Quelle: Wikipedia  ·  Foto 2: Mittelfinger – Quelle: ka-news.de  ·  letztes Bild: Pablo Picasso „der Blumenstrauss“

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