Alma Rosé

Alma Rosé

 

Alma Rosé • Violinistin • Gestorben in Auschwitz

Alma Rosé geboren am 3. November 1906 in Wien und gestorben am 4. April 1944 im Vernichtungslager Auschwitz. Sie war eine österreichische Violinistin jüdischer Herkunft, so leitete sie nach ihrer Deportation das so genannte Mädchenorchester von Auschwitz. Ihr Vater Arnold ist Konzertmeister der Wiener Philharmoniker, Leiter des berühmten Rosé-Quartetts, ihre Mutter Justine Mahler die Schwester des Komponisten Gustav Mahler. Ihre Patentante heißt Alma Mahler-Werfel, von der sie ihren Vornamen erhält.


Kindheit, Jugend und Ausbildung der kleinen Alma, ist die aus besseren und besten Kreisen, wo gesellschaftliche Formen, Familientraditionen und die Geborgenheit  eines gehobenen Milieus selbstverständlich und unantastbar  zu sein scheinen. Sie war die Nichte Gustav Mahlers und das Lieblingskind Werfels. Alma wird als eine eigenwillige kleine Person geschildert, durchsetzungsfreudig, lebensfroh, auch kapriziös, sie entwickelt sich zu einer jungen Frau, die weiß, was sie will und die begabt ist. Alma Rosé studierte anfangs bei ihrem Vater Arnold Rosé, wurde dann mit 13 Jahren ins Wiener Konservatorium aufgenommen, um bei Otakar Ševčík zur Violinvirtuosin ausgebildet zu werden. 1926 hatte sie in Wien ihr Debüt, bei dem sie zusammen mit ihrem Vater das Doppelkonzert in D-Moll von Bach spielte. Während einer Tournee durch Polen verlobte sie sich 1929 mit dem bereits international bekannten tschechischen Geiger Váša Příhoda und heiratete ihn ein Jahr später (wodurch sie die tschechische Staatsbürgerschaft bekam). Sie lebten in Záriby an der Elbe nördlich von Prag. Alma Rosé besaß forthin einen tschechischen Pass. Um selbständig zu sein und vielleicht auch aus purer Lebenslust gründete Alma Rosé 1932 ein Frauen-Salonorchester mit dem Namen „Wiener Walzermädeln“, mit dem sie höchst erfolgreich durch ganz Europa tourte. 1935 leiteten die Příhodas die Scheidung ein. Vermutungen, die häufig in der Literatur zu lesen sind, dass sich ihr Mann von ihr trennte, wegen der Rassegesetze der Nationalsozialisten, sind in sofern unhaltbar, weil ihr Mann in zweiter Ehe wiederum eine Frau jüdischer Herkunft heiratete. Für Alma Rosé begann nach der Scheidung ein durchaus künstlerisch befreites Leben, das sich in ihren Konzerten niederschlug.

Mit absoluter Disziplin und Professionalität verfolgte sie ihre Karriere. Sie konnte darin hart, ja rücksichtslos sein. Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 setzte sie alles daran, den mittlerweile schon hochbetagten Arnold Rosé ins rettende englische Exil zu bringen. Für ihn, auch materiell, zu sorgen, ihm das Alter zu erleichtern, war ihr höchstes Ziel. Der Gedanke, er müsse eines Tages die Stradivari verkaufen, ein Geschenk seiner Verehrergemeinde auf Initiative von Mysa Gräfin Wydenbruck, war ihr unerträglich. Darum auch fasste sie einen, für ihre Freunde unfassbaren, Entschluss: Ende 1939 reiste sie aus dem sicheren England auf den Kontinent, um ein finanziell lohnendes Engagement in Amsterdam anzutreten. Blind für die Gefahr rundum, war ihr schließlich die Rückkehr verwehrt. Wie und dass sie es schaffte, in den von deutschen Truppen okkupierten Niederlanden bis Dezember 1942 auszuharren und zu konzertieren, grenzt an ein Wunder und zeugt von ihrer unbändigen Energie. Der allzu späte Versuch, in die Schweiz zu fliehen, scheiterte in Dijon. Die nächste Station war das Auslieferungslager Drancy.


Im Juli 1943 wurde Alma Rosé nach Auschwitz deportiert. Aus dem berüchtigten Experimentierblock, in dem sich Nazimediziner „wissenschaftlich“ an ihren Opfern austoben durften, befreite sie ihr Name. Die Nachricht von ihrer Einlieferung machte im Lager schnell die Runde. Alma Rosé wurde ausersehen, das neugegründete Frauenorchester von Birkenau zu leiten, das im Gegensatz zum Männerorchester von Auschwitz beinah ausschließlich aus Amateuren bestand. Tag und Nacht arbeitete Alma Rosé an der Verbesserung des Tones, drillte die Dilettantenversammlung zu einem veritablen Klangkörper. Dabei schonte sie weder sich noch die Orchestermitglieder. Übereinstimmende Berichte über Wutausbrüche, Ohrfeigen und Strafen für „patzende“ oder aussichtslos unbegabte Spielerinnen liegen vor. So wurde sie bewundert und gehasst zugleich, und das oft von denselben Leuten. Gleichwohl zweifelt niemand daran, dass sie mit ihrem Perfektionswahn vielen Mithäftlingen das Leben gerettet hat. Sie konnte sich Dinge erlauben, von denen andere nicht einmal zu träumen wagten, und forderte lebenswichtige Vergünstigungen für ihre Kapelle. Der Eitelkeit der Lagerführerin Maria Mandel schmeichelte es, in ihrem Sklavenreich ein qualitativ hochwertiges Ensemble zu besitzen. Selbst abgebrühte Massenmörder reagierten auf einschmeichelnde Melodien sentimental, zumal dann, wenn eine Solistin wie Alma Rosé am virtuosen Werk war. So muss aber doch das Bild, das Fania Fénelons in ihrem Buch „Das Mädchenorchester von Auschwitz“ stark korrigiert werden, denn die neueste Forschung um die Person der Alma Rosé belegen, dass sie nie gegen Mitgefangene brutal war oder selbst für Ermordungen verantwortlich war. Die Sichtweise der     Fania Fénelons sollte als das gesehen werden, was sie war, als subjektiv.

Den Horror ihrer Existenz vermochte Alma Rosé wohl einzig und allein durch äußerste Konzentration zu ertragen, vielleicht auch zu verdrängen. Im KZ lebte sie buchstäblich für die Kunst und von ihr. Nur ihre Musik bewahrte sie vor der Gaskammer. War sie zufrieden mit dem Orchester, dann äußerte sie als höchstes Lob die Anerkennung einer ewigen Tochter: „Das könnte sogar mein Vater hören.“

Alma Rosé starb am 4. April 1944, die genauen Umstände sind nicht geklärt, zum Teil widersprechen sich die Zeugenaussagen. Vermutlich erlag Alma Rosé den Folgen einer Lebensmittelvergiftung.

Erst Fania Fénelons Buch „Das Mädchenorchester in Auschwitz“, dessen französische Originalausgabe 1976 erschien, weckte das Interesse auch an der Person Alma Rosé. Das Buch, das 1980/81 ins Deutsche übersetzt wurde und bis heute zahlreiche Neuauflagen erlebte, wurde Grundlage des Films „Playing for Time“ (Drehbuch von Arthur Miller, 1980) mit Vanessa Redgrave in der Rolle von Fania Fénelon und Jane Alexander als Alma Rosé. Fania Fénelons romanhafte Darstellung, in der Alma Rosé sehr negativ geschildert wird, zog eine Reihe von Veröffentlichungen nach sich, in denen das Bild Alma Rosés korrigiert wurde. Eine ausführliche Kritik auf Grund von Befragungen vieler Zeitzeuginnen unternahm Gabriele Knapp in ihrer Dissertation „Das Frauenorchester in Auschwitz. Musikalische Zwangsarbeit und ihre Bewältigung“ ( Bockel Verlag, 1996). Richard Newman wertete für seine grundlegende Biografie erstmals den Nachlass von Almas Bruder Alfred Rosé aus und führte viele Interviews mit Zeitzeugen (Richard Newman. Alma Rosé. Vienna to Auschwitz. Portland, OR: Amadeus Press, 2000; dt. Übers. 2003). Im Rahmen einer CD-Editionsreihe zu Váša Příhoda legte Wolfgang Wendel 1998 die Aufnahme des Bach-Doppelkonzerts mit einem ausführlichen Booklet vor. 1999 drehte Michel Daëron den Dokumentarfilm „La Chaconne d’Auschwitz“ über das Frauenorchester, der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde und im Oktober 2000 auch im Deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde.

Am 16. September 2006 wurde im Theater Krefeld/Mönchengladbach die Oper „Das Frauenorchester von Auschwitz“ von Stefan Heucke uraufgeführt, deren Libretto auf Fania Fénelons Buch basiert, aber auch Anregungen Anita Lasker-Wallfischs und Gabriele Knapps einbezieht.

Alle Bilder von Alma Rose´sind als Quelle von exilarte.at, mit Ausnahme der Zeichnung des Mädchenorchesters von Auschwitz, Quelle

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