Sigrid Undset

Sigrid Undset

Sigrid Undset • Literaturnobelpreisträgerin 1928

Von der Selbstbehauptung zur Frauenemanzipation und zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus…

Sigrid Undset wurde am 20. Mai 1882 in Kalundborg, Dänemark geboren und verstarb am 10. Juni 1949 in Lillehammer, Norwegen. Sie war eine norwegische Romanautorin, Novellistin und Essayistin. Ihre Werke befassen sich mit dem Konflikt zwischen norwegischer Tradition, der europäischen Krise ihrer Zeit, dem römischen Katholizismus und der weiblichen Emanzipationsbewegung. „Vor allem für ihre kraftvollen Schilderungen des nordischen Lebens im Mittelalter“, so die Begründung des Nobelpreiskomitees, denn erhielt sie 1928 den Nobelpreis für Literatur. Im Alter von zwei Jahren zog sie mit ihren Eltern und ihrer Schwester nach Oslo. Ihr Vater, ein berühmter Archäologe, hatte dort eine Berufung an die Universität erhalten. Als er 1895 vermutlich an Syphilis starb, konnte ihre Mutter die Familie, Sigrid hatte noch eine weitere Schwester bekommen, nur schwer ernähren. Anstatt weiter zur Schule zu gehen, was dadurch möglich gewesen wäre, dass die Schulleiterin den Kindern das Schulgeld erließ, entschloss sich Sigrid Undset mit 17 Jahren die Schule zu verlassen und eine Anstellung zu suchen. Sie arbeitete von da an 10 Jahre lang bei einer großen Firma in Oslo. In einer autobiographischen Notiz, die sie im Rahmen der Nobelpreisverleihung machte, erzählt sie, dass es ihre freie Wahl war, die Schule zu verlassen um ihre Familie unterstützen zu können. Die Arbeit machte ihr keine Freude, auch die Schule hatte ihr keine bereitet, aber aus Pflichtbewusstsein blieb sie bei der Firma angestellt. 
In ihrer Freizeit beschäftigte sie sich mit den Literaturen und Kulturen Skandinaviens und: sie schrieb. Noch während ihrer Arbeit als Büroangestellte erschienen zwei Bücher von ihr. Doch diese wollte kein Verlag verlegen, doch sie schrieb weiter. Undsets literarisches Debüt ist der 1907 erschienene Roman Fru Martha Oulie (dt. Frau Martha Oulie,), dessen Titelheldin sich in ein außereheliches Verhältnis begibt um ihrer tristen und unbefriedigenden Ehe zu entfliehen, mit ihrem ersten Satz „Ich habe meinen Mann betrogen.“ Sorgte sie für einen Skandal. Dazu kam die genaue Schilderung der außerehelichen Affäre, unschicklich in dieser Zeit! Auch die folgenden Romane und Erzählungen stellen die romantischen Vorstellungen von Liebe und Partnerschaft in den krassen Kontrast der Realität. Die Hoffnungen, die die Protagonistin an dieses Verhältnis richtet, werden enttäuscht. So wie dieser Frauengestalt geht es vielen anderen in Undsets Romanen. Die auf ihren Erstlingsroman folgenden Werke wie z.B. Jenny und Vaaren (dt. Frühling) spielen wie jener in der Gegenwart und stellen den Menschen in all seinen möglichen Gefühlsnuancen dar. Der Mensch ist handelndes Subjekt und für sein Lebensglück verantwortlich, das er Undsets Meinung nach erreichen kann, wenn er sich einem größeren Ganzen als seiner selbst aus freiem Willen unterordnet. Sie bricht damit mit der bisherigen norwegischen Tradition des Naturalismus, der den Menschen ausschließlich als unfrei angesehen hatte. Durch ihre Beschreibung vom eigenständigen Frauenleben und der damit verbundenen Verantwortung tat sie viel für das Selbstbewusstsein norwegischer Frauen. Eigene Erfahrungen und Erlebnisse verarbeitete Sigrid Undset in dem tragischen Roan ‚Jenny’, die sich wie ihre Hauptfigur auch, einige Zeit in Rom aufhielt und dort ihren späteren Ehemann, den norwegischen Maler Anders Castus Svarstad, traf. Das Paar bekam drei Kinder, zwei Söhne, die Tochter war geistig behindert.


Zu Beginn der 1920er zerbrach die Ehe. 1924 konvertierte Sigrid Undset zum Katholizismus, was im protestantischen Norwegen wieder für einen großen Skandal sorgte. Auf dem Anwesen Bjerkebæk im nahe gelegenen Lillehammer zog Sigrid Undset ihre Kinder alleine groß und arbeitete erfolgreich an ihren Romanen, darunter nun auch die historischen Romane, die das Publikum jetzt mit Freuden aufnahm. Vor allem ihre überzeugende Sachkenntnis, das sensible Einfühlungsvermögen in ihre Figuren und authentischen Beobachtungen ihres Umfeldes machen Sigrid Undset zu einer herausragenden Autorin. Besonders die Fähigkeit, ihren Erzählstil sowie den Inhalt ihrer Romane und Erzählungen, die sie mit den altnordischen Literaturtraditionen und moderner Prosa harmonisch verbindet, wird bei Kritikern stets lobend betont. Sigrid Undset bekam 1928 im Alter von 46 Jahren den Nobelpreis für ihre Mittelalterromane Kristin Lavranstochter und Olav Audunsson und war damit nach Selma Lagerlöf (1909), die den Nobelpreis zuerkannt bekam die zweite norwegische Schriftstellerin. Sie setzte sich gegen die in dem Jahr auch erwogenen Ricarda Huch, Concha Espina und Olav Duun durch. Sie wurde für eben diese Romane geehrt, aber in der Nobelpreisausgabe wird aus Platzgründen der viel frühere Roman Frühling (1914) abgedruckt. der auch inhaltlich zu den großen Epen eine Abweichung darstellt. Er spielt in der Gegenwart und es gelingt der Protagonistin, wie in keinem anderen Roman, ein Liebesglück in der Ehe ohne Preisgabe von eigenen, elementare Wünsche zu etablieren. Stilistisch gehört Undset mit ihrem Schreiben zu den Neorealisten, die ein gesteigertes Interesse an der Geschichte Skandinaviens bedingt durch die norwegisch-schwedische Unionsauflösung von 1905 hatten. Der Historizismus lässt die Neorealisten als literarische Form vor allem den historischen Roman wählen. 


Undset siedelte die Geschichten im 13. und 14. Jahrhundert an, aber diskutiert anhand ihrer Protagonisten durchaus moderne Problemfelder, wie das der Liebe und Ehe oder der Religiosität contra den Fortschrittsgedanken.

Da Sigrid Undset im Widerstand zum Nationalsozialismus stand und nach dem Einmarsch der deutschen Truppen 1940 musste die 58jährig mit ihrem jüngsten Sohn auf Skiern über die Berge nach Schweden fliehen und gelangte von dort über Russland in die USA. Dort war sie bei Zeitungen und für den norwegischen Informationsdienst aktiv gegen die Nationalsozialisten tätig. Nach fünfjährigem Exil kehrte sie nach Norwegen zurück, konnte aber auf literarischem Gebiet nur noch die Biographie über Katharina von Siena fertig stellen. Sigrid Undset starb 1949 in Lillehammer.

Bild 1: Sigrid Undset – Quelle: uni-duesseldorf.de · Bild 2: Buchtitel Sigrid Undset – Quelle: amazon.de · Bild 3: Sigrid Undset II – Quelle: dagbladet.no · Bild 4: Sigrid Undset III – Quelle: geboren.am

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