Wie alles begann: Grundstein für ein Terrorregime

Wie alles begann: Grundstein für ein Terrorregime

In einer Münchner Kneipe gründeten am 5. Januar 1919 der Werkzeugschlosser Anton Drexler und der Journalist Karl Harrer die ‚Deutsche Arbeiterpartei’. Drexler und auch Harrer kamen aus dem rechtsradikalen Milieu, wobei Drexler eher aus der Richtung der antimarxistischen Bewegung kam, Harrer aus der Gruppe der Thule-Gesellschaft, die sektiererisch und völkisch war. Beide einte der Antisemitismus. Diese Parteigründung war in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg war nichts besonderes, denn nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs versuchten viele ihre persönlichen Ansichten in Parteien wieder zufinden. Drexler und Harrer wollten eine Arbeiterpartei auf dem rechten Rand etablieren, als Equivalent zu SPD und KPD. Im Spätsommer 1919 besuchte im Auftrag der Reichswehr der Gefreite Adolf Hitler eine Versammlung der Partei, erwärmte sich für deren Ziele, trat ein und wurde ihr Werbeobmann. München selbst war in der damaligen Zeit ein äußerst günstiges Klima für nationalistisches Gedankengut, ebenso ein guter Nährboden für Rassismus der über das Maß der Ressentiments hinausging. Seit Februar 1920 führte die Partei den Namen ‚Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei’. Zur ersten Massenveranstaltung der NSDAP waren am 24. Februar 1920 2000 Menschen ins Münchner Hofbräuhaus geströmt. Sie spendeten Beifall, als die 25 Punkte des Parteiprogramms verkündet wurden, und man gewöhnte sich an Adolf Hitler, der sich bescheiden als ‚Trommler’ der Bewegung gab. Jedoch die Parteigründer auf seinem Weg zum ‚Führer’ bald hinter sich ließ. Im Juli 1921 wählte ihn eine außerordentliche Mitgliederversammlung zum unumschränkten Vorsitzenden. Drexler wurde von Hitler aus den Parteiämtern heraus gedrängt, obwohl er allem Anschein nach federführend beim Verfassen des Parteiprogramms war. Dies geschah auch mit Harrer, der im Gegensatz zu Drexler die Partei verließ. Ende 1920 hatte die NSDAP mit Hilfe der Reichswehr und privater Spender den ‚Völkischen Beobachter’ als Parteiorgan erworben, seit Februar 1923 erschien, von Verboten unterbrochen, die Zeitung täglich.

München war nach dem Ersten Weltkrieg der Ort, an dem die nationalen Enttäuschungen und auch Leidenschaften, verstärkt auch durch bayrische Eigenart, in einer Heftigkeit ge- und erlebt wurde wie nirgendwo sonst in Deutschland. Zusammenbruch und Revolution im November 1918 waren ins Bewusstsein der staats- und gesellschaftstragenden Schichten in erster Linie als nicht zu rechtfertigende und im Grunde unverständliche Gewaltakte gegen das angestammte Herrscherhaus gedrungen. Ordnung und Recht schienen aufs äußerste gestört. In Kurt Eisner, dem Chef der bayrischen Revolutionsregierung, sah man einen landfremden Literaten, auf den sich alles projizieren ließ, was sich an Unzufriedenheit während des Krieges, an Verzweiflung über dessen Ausgang und an Angst vor der Zukunft angestaut hatte. Im Zorn auf den Berliner Juden Eisner entlud sich alle Enttäuschung, die Beamte und Professoren, Unternehmer, Gewerbe- und Handeltreibende, Militärs, Adlige, Kleriker und Bauern im Vergleich der Gegenwart mit der nachträglich ins hellste Sonnenlicht getauchten Vorkriegszeit empfanden. Die kurzlebige Räterepublik, die nach Eisners Ermordung im Februar 1919 im April proklamiert und im Mai blutig niedergeschlagen wurde, wurde den Bürgern zum Trauma, das jahrzehntelang nachwirkte. Als der bayrische Ministerpräsident Gustav von Kahr einen Regierungskurs steuerte, der getragen von Einwohnerwehren und Reichsverbänden, Traditionsvereinen und Offiziersbünden, alles integrierte, was an nationalistischen Leidenschaften und antidemokratischen Aufmärschen, bei Fahnenweihen und ‚Deutschen Tagen’ aufgewühlt wurde. Nach Berlin blickte man von München aus mit größtem Argwohn, so kam das Schlagwort von der ‚Ordnungszelle Bayern’ in Umlauf, so fühlte man sich als Bollwerk von Jasagern und Bolschewisten, denn man war auf bayrische Besonderheit bedacht und litt verstärkt unter der Demütigung Deutschlands durch die Bedingungen des Versailler Vertrags. Der Weltkriegsgeneral Erich von Ludendorff ließ sich in Bayern nieder und schloss sich er völkischen Bewegung an, deren Idol und Galionsfigur er wurde.

Die Partei Hitlers, denn die NSDAP war gänzlich auf ihn fokussiert, gründete 1921 einen Saalschutz, die ‚Sturmabteilung’ (SA), die als paramilitärischer Wehrverband organisiert wurde. Beim ersten Reichsparteitag in München im Januar 1923 wurden 20 000 Mitglieder gezählt. Die NSDAP war auf dem Weg eine Partei zu werden, was sie aber im Grunde gar nicht sein wollte, sie wollte eine Bewegung sein, die nicht auf parlamentarischem Weg politischen Einfluss erstrebte, sondern als Massen-Bewegung mit einem starken Mann an der Spitze radikal die Macht zu erlangen. Vorbild hier war der ‚Marsch auf Rom’ des Faschistenführers Mussolini. Im Krisenjahr 1923 der Weimarer Republik, als die Reichsregierung durch den Abbruch des Ruhkampfes in den Augen der Chauvinisten den Offenbahrungseid leistete, als die Hyperinflation die Existenzängste der kleinen Leute steigerte, als Berlin den Ausnahmezustand gegen die renitente reaktionäre bayrische Regierung verhängte, schien die Stimmung günstig und die Zeit reif für den Putsch gegen die Demokratie. Hitler, als politischer Kopf eines ‚Deutschen Kampfbundes’, dessen Stoßtrupp die NSDAP bildete, inszenierte am 8. November 1923 die ‚nationale Erhebung’, die mit der Erpressung der bayrischen Regierung in einem Bierkeller begann und mit den Schüssen der Polizei auf den Demonstrationszug anderntags an der Feldherrnhalle endete. Während des Prozesses gegen Hitler und seine Mitstreiter, sowie seiner Haftzeit, zerstritt sich die nationalistische Bewegung, bis hin zur Auflösung der NSDAP. So gründete sich diese im Februar 1925 neu. Ihre Konsolidierung wurde begünstigt durch äußere Umstände, wie Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise. Hier zeigte sich die NSDAP als ‚Welterklärer’ mit Heilsversprechungen. Trotz grundsätzlicher Ablehnung der Demokratie strebte die NSDAP nun aus taktischen Gründen heraus nach einem legalen Weg zur Macht. So strebte die NSDAP weit über die Grenzen Bayern hinaus um flächendeckend im ganzen Land vertreten zu sein. Hitler kandidierte 1932 bei der Reichspräsidentenwahl und gewann 30,1 % der Stimmen im ersten und 36,8 % im zweiten Wahlgang. Zwar war der innere Zustand der Partei äußerst labil, sowohl in den inhaltlichen Aussagen, wie auch in den Flügelkämpfen zumal auch die finanzielle Ausstattung noch desolat war, doch durch gewonnene Landtagswahlen konnte sich die NSDAP so weit festigen, dass eine Kanzlerschaft Hitlers in greifbare Nähe rückte, obwohl die Partei in der breiten Öffentlichkeit eher durch Aktionismus und Terror bei Straßenschlachten wahrgenommen wurde.  


Die konservativen Feinde der Weimarer Republik, die Verächter von Parlamentarismus, Parteien und Demokratie, leisteten mit der Glorifizierung des Kriegserlebnisses, der Beschwörung des Geistes von 1914, der Überzeugung von deutschem Sendungsbewusstsein, deutscher Art und Herrenmenschentum, mit übersteigertem Nationalismus gründliche Vorarbeit für das so genannte ‚Dritte Reich’. Zwar hielten diese Reaktionäre nichts von Hitler und seiner Partei, doch sie gedachten diesen als ‚Steigbügelhalter’ zur Macht zu benutzen, so traten auch viele aus Opportunismus der NSDAP bei. Der ‚Bewegung’ des Adolf Hitlers, des von Größenwahn und Paranoia, Allmachtsphantasien und Ängsten getriebenen politischen ‚Erlösers’, gelang es, mit simplen Parolen einer auf Feinbilder aufgebauten Ideologie die Unzufriedenen und Deklassierten, die Traumatisierten und Verzweifelten nach dem Ersten Weltkrieg unter der Zauberformel ‚Nationalsozialismus’ zu integrieren. Das Schlagwort verhieß Synthese entgegen gesetzter politischer Ideen und einen dritten Weg aus dem Elend der ungeliebten Weimarer Republik. Die antikapitalistischen Äußerungen dieser Ideologie waren freilich nur beliebiges Beiwerk, die sozialdarwinistischen, antisemitischen, völkischen Elemente blieben entscheidend, der Führerkult bildete die Erfüllung des zeittypischen Wunsches nach einem starken Mann, er diente als Gefäß nationaler Wünsche und Leidenschaften.

 

Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt.

30. Januar 1933 • Beginn eines Terrorregimes

 

Bild 1: Postkarte München 20igerJahre, Marienplatz – Quelle: kaufbeuren.de · Bild 2: Marsch der NSDAP 1920 – Quelle: annefrankguid.net · Bild 3: Postkarte Feldherrnhalle – Quelle: wikimedia.org · Bild 4: Wahlzettel 1920 – Quelle: wikimedia.org

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